: „Rettet den Fluß Kalamas“
■ Seit 30 Tagen protestieren Bürger einer griechischen Kleinstadt gegen Abwassereinleitung in den Fluß Kalamas / Behörden in Athen bestehen auf dem Projekt / Bauern befürchten Verseuchung der Felder
Athen (taz) - Auf den Treppen der Präfektur versperrt ein Traktor den Weg. Im Hafen und in den Geschäften bewegt sich nichts, sämtliche Zufahrtsstraßen zur Stadt sind blockiert Igoumenitsa, Bezirkshauptstadt im Nordwesten Griechenlands, am 30. Tag ihres Kampfes für die „Rettung des Flußes Kalamas“. Zuletzt demonstrierten am Wochenende rund 2.000 griechische NaturschützerInnen vor dem Parlament in Athen. Einen Tag zuvor hatten sich die Ärzte von Igoumenitsa der Protestbewegung angeschlossen, in den Krankenhäusern gibt es nur noch einen Notdienst.
Die 42.000 Einwohner des Bezirks Thesprotia sind entschlossen zu verhindern, daß Abwässer der Stadt Ioaninna in den Kalamas eingeleitet werden. Der Fluß durchquert den Bezirk auf 96 Kilometer Länge. Etwa 45.000 Quadratkilometer Land werden mit dem Wasser des Kalamas bewässert. Die Bauern der Gegend befürchten, ihre Felder könnten verseucht werden. Von den Einleitungen wäre auch die Igoumenitsa direkt vorgelagerte Insel Korfu mit ihren Badeplätzen für Touristen betroffen. Die Bewohner der Insel traten deshalb in den letzten Wochen tageweise in Solidaritätsstreik.
Die zuständigen Behörden in Athen haben bisher jedoch nicht eingelenkt. Sie bestehen auf den Einleitungen aus Ioannina in den Kalamas, die bis jetzt in einen Binnensee in der Nähe der Stadt flossen. Innenminister Tsochatsopoulos bot einer Abordnung der Bürgerinitiative aus Igoumenitsa die Finanzierung einer neuen ökologischen Untersuchung und den Bau einer ökologischen Kläranlage an. Doch die BürgerInnen bleiben bei ihrer radikalen Forderung: „Keine Abwässer in den Kalamas, auch keine biologisch geklärten!“ Ein Standpunkt übrigens, den der Innenminister selbst vor dem ersten Wahlsieg der PASOK (Panhellenistische Sozialistische Bewegung) 1981 vom Balkon der Präfektur in Igoumenitsa verkündet hatte. Jetzt fordert ihn die Bürgerinitiative auf, wiederzukommen, um an Ort und Stelle eine Lösung zu finden, die auf dem „Einvernehmen aller Betroffenen basiert“.
Zwar wird seit einigen Tagen in Igoumenitsas Schulen wieder unterrichtet und die Geschäfte öffnen zumindest sporadisch. Der Zugang zu allen öffentlichen Institutionen bleibt nach wie vor gesperrt. Selbst nachts halten die BürgerInnen Wache. Ihre Maisfelder ernten sie gegenseitig im Schichtdienst ab. Die griechische Polizei hielt sich bisher zurück. „Aber“, so eine Athener Tageszeitung, „es bedarf nur einer falschen Bewegung, dann entzündet sich die geladene Atmosphäre.“
JM/KIR
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