Restriktive Medienpolitik in Weißrussland: Minsk will Internet zensieren
In Weißrussland kommt ein neues Mediengesetz, das unliebsame Berichterstattung auch im Netz verhindern soll.
BERLIN taz Mit der Möglichkeit, sich im autoritär regierten Weißrussland unzensierte Informationen zumindest noch im Internet zu beschaffen, könnte es demnächst vorbei sein. Am Dienstag stimmte das Präsident Alexander Lukaschenko hörige Parlament in erster Lesung mit 93 Stimmen gegen einen Abweichler für eine Verschärfung des ohnehin schon restriktiven Mediengesetzes von 1995.
So sieht die neue Vorschrift vor, dass sich alle weißrussischen Medien neu registrieren lassen - eine bereits in der Vergangenheit beliebte Methode, um kritische Zeitungen in ihrer Arbeit zu behindern bzw. ihr Erscheinen unmöglich zu machen. Waren bislang nur zwei Verwarnungen des Informationsministerium beispielsweise wegen "Verunglimpfung des Staatspräsidenten" nötig, um ein Medium verbieten zu können, reicht dafür fortan schon eine einzige. Auch dieses Mittel war bislang ein Hebel, um unliebsame Publikationen mundtot zu machen.
Zudem wird der Begriff Medium auch auf Informationen ausgeweitet, die im Internet verbreitet werden. Die Regierung wird nunmehr ermächtigt, auch über die Registrierung von Onlinemedien zu entscheiden.
Weißrusslands Vize-Informationsministerin Lilija Ananitsch begründete diesen Schritt mit dem Problem einer wachsenden Desinformation, die aus dem Ausland über Weißrussland hereinbreche. Peking, so Ananitsch, habe dieses Problem erfolgreich gelöst, indem es den Zugang zu bestimmten Internetseiten in China blockiert habe.
Damit dürfte klar sein, wohin die Reise in Weißrussland geht. Dort werden kritische Journalisten zusammengeschlagen, verhaftet und mit horrenden Geldstrafen überzogen. Kritische Publikationen, so es sie noch gibt, müssen im Ausland gedruckt und auf Umwegen wieder nach Weißrussland gebracht werden.Vor der Abstimmung hatte der weißrussische Journalistenverband Basch die Abgeordneten in Briefen aufgefordert, den Gesetzentwurf zu veröffentlichen und eine öffentliche Debatte darüber zu beginnen. Dieses Ansinnen blieb, wenig überraschend, ohne Resonanz. "Das Ziel der Regierung ist klar", sagte die Basch-Vorsitzende Dschanna Litwina, "das Gesetz muss so schnell wie möglich verabschiedet werden. Unterschiedliche Meinungen zu dieser Frage braucht da niemand."
Alexander Starykewitsch, Betreiber des Onlinedienstes "Solidarnost", hält es für verfrüht, schon jetzt vom Tod des weißrussischen Internets zu sprechen. "Jedoch", sagt er, "die Praxis bei uns ist immer noch schlimmer als die Gesetze."
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