Ressourcen: Gas für die Welt
Im Kampf um Gas und Öl aus Zentralasien hat China die westliche Konkurrenz überflügelt.
BISCHKEK taz Turkmenistan hat Gas. Viel Gas, an dem die Russen bereits dran sind, für das sich aber die Europäer ebenso interessieren wie die US-Amerikaner, die Inder und die Iraner. Und nicht zu vergessen: die Chinesen, die bis auf weiteres die Konkurrenz übertrumpft haben.
Anfang Juli unterzeichnete der turkmenische Präsident Gurbanguli Berdymuchamedow mit der chinesischen Führung ein Abkommen über den Bau einer Pipeline. Diese soll von den Gasfeldern im Südosten des Landes quer durch Zentralasien nach China führen und jährlich 30 Milliarden Kubikmeter Gas transportieren.
Die Liefermenge ist garantiert. "Wenn das dafür vorgesehene Gasfeld das nicht liefern kann, werden wir die Quote aus anderen Quellen erfüllen", ließ der Präsident wissen. Ausgehandelt worden war das Abkommen noch von seinem Vorgänger, dem im Dezember vorigen Jahres verstorbenen Sapamurad Nijasow, der seinen Staat mit einem bizarren Personenkult überzogen und die Verteilung der Gasvorräte als seine Privatangelegenheit betrachtet hatte.
"Unser Gas reicht für alle", sagt der heutige Präsident bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Doch wie groß die Vorkommen tatsächlich sind, ist für Außenstehende kaum ersichtlich. Sicher ist nur, dass sich durch die Vereinbarung mit China die turkmenischen Lieferverpflichtungen in wenigen Jahren auf 100 Milliarden Kubikmeter summieren werden - etwas mehr als der jährliche Verbrauch in Deutschland.
Falls sich trotz der Beteuerungen des Präsidenten Lieferschwierigkeiten einstellen, dürfte dies vor allem der russischen Gazprom zum Nachteil gereichen. Denn einen großen Teil des Gases, das der Konzern nach Europa verkauft, stammt aus Turkmenistan. Noch aus einem weiteren Grund dürfte man bei Gazprom über das turkmenisch-chinesische Abkommen wenig erfreut gewesen sein. Die Zeiten, in denen Gazprom als Monopolist den Preis des turkmenischen Gases bestimmen konnte, dürften damit vorbei sein.
Russland verprellen will Turkmenistan aber nicht. Wenige Wochen vor dem Abkommen mit China sicherte der turkmenische Präsident zu, eine Pipeline am östlichen Ufer des Kaspischen Meeres entlang über Kasachstan nach Russland zu legen. Diese wäre die zweite Pipeline, die Gas nach Russland liefert.
Spätestens damit scheint sich ein anderes Vorhaben vorläufig erledigt haben, nämlich der Bau einer Gaspipeline, die nicht durch russisches Gebiet führt. An einer solchen Verbindung, die parallel zur bereits existierenden Ölpipeline von Aserbaidschan und Georgien durch das Kaspische Meer in die Türkei führen soll, sind die westlichen Staaten stark interessiert.
Diese Pipeline scheint nun in weite Ferne gerückt, selbst wenn insbesondere die USA in jüngster Zeit ihre diplomatischen Bemühungen dafür verstärkt haben und der turkmenische Präsident Berdymuchamedow verspricht, dass auch für eine solche Route genug Gas zur Verfügung stehe, ebenso für eine Pipeline durch den Iran und Afghanistan.
Das russische Pipelinemonopol auf die zentralasiatischen Rohstoffe wird nicht vom Westen gebrochen, sondern von China. "Das Rennen um die zentralasiatischen Rohstoffe ist entschieden", sagt Manuela Troschke vom Osteuropainstitut in München. "Der Westen hat das Spiel verpennt", meint sie. Immerhin könnten sich europäische Firmen noch durch die Lieferung technologischer Güter an dem zentralasiatischen Geschäft beteiligen.
Derweil schafft China auch andernorts Fakten. Seit dem Jahr 2005 verläuft eine Ölpipeline von den Förderfeldern in Zentralkasachstan nach China. Diese Pipeline soll in den kommenden zwei Jahren mit den reichen kasachischen Ölvorkommen am Kaspischen Meer verbunden werden. Auch in die Erschließung der Gas- und Ölvorkommen in Usbekistan haben chinesische Konzerne in den vergangenen Jahren mehr als eine Milliarden US-Dollar investiert.
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