: Resistance-Führer gestorben
Henri Frenay, Gründer der Widerstandsgruppe „Combat“, starb am Wochenende ■ Aus Paris Beate Seel
Im Jahre 1940 reichte Henri Frenay, Hauptmann der französischen Armee, seine Demission ein. Der Grund: Er akzeptierte den Waffenstillstand mit dem nationalsozialistischen Deutschland nicht, das zwei Drittel des Landes besetzt hielt. Frenay, 1905 in Lyon geboren, setzte sich in den freien Teil Frankreichs ab und gründete die Widerstandsgruppe „Combat“, nach deren organisatorischem Vorbild der Führer der Resistance, Jean Moulin, später die verschiedenen Gruppen des Widerstands gegen die deutsche Besatzung zusammmenfaßte.
Frenay, der stets über die Unabhängigkeit seiner Gruppe wachte, legte in politischer Hinsicht ebenfalls Wert auf seine persönliche Autonomie, auch wenn er sich in den dreißiger Jahren in sozialistischen Armeekreisen engagiert hatte. So folgte er 1943 einem Ruf de Gaulles und wurde im französischen Komitee von Algier Kommissar für Vertriebene und Gefangene. Diesen Posten behielt er - nunmehr im Ministerrang - auch, als sich die provisorische Regierung in Paris installierte. In dieser Funktion kam er häufig mit dem heutigen sozialistischen Präsidenten Fran?ois Mitterrand zusammen, der eine Widerstandsbewegung ins Leben gerufen hatte, die die Flucht von Gefangenen aus deutschen Lagern organisierte. 1964 befürwortete Frenay die Kandidatur von Gaston Deferre als linker Kandidat für die Präsidentschaftswahlen - ein Posten, der an Mitterrand fiel. Während des Wahlkampfes im folgenden Jahr rief Frenay dazu auf, nicht für de Gaulle zu stimmen. In einem Artikel in 'Le Monde‘ wies er den „hochmütigen und veralteten Nationalismus“ zurück, den de Gaulle für ihn verkörperte. Seit der Befreiung hatte sich der frühere Widerstandskämpfer aktiv für eine deutsch-französische Versöhnung und die Bildung der „Vereinigten Staaten“ von Westeuropa eingesetzt.
Aus der aktiven Politik hatte er sich zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgezogen. Er arbeitete in der Filmbranche und schrieb mehrere Bücher. Sein Werk über Jean Moulin löste 1977 eine Kontroverse aus, da Frenay neben seiner Bewunderung für den persönlichen Mut des Resistance-Führers die These vertrat, dieser sei ein kommunistisches U-Boot gewesen.
Frenay starb am Sonntag in Porte-Vecchio auf Korsika im Alter von 83 Jahren. Er wird im Invaliden-Dom in Paris beigesetzt. Staatspräsident Mitterrand teilte am Montag abend mit, er werde persönlich an den Feierlichkeiten teilnehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen