Republikaner vor US-Wahl: Mitt Romney auf dem Tiefpunkt
Ein Video zeigt, was der reiche republikanische Kandidat Romney über die Hälfte der US-AmerikanerInnen denkt. Ein schwerer Schlag für ihn.
BERLIN taz | Sieben Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen hat der Wahlkampf des republikanischen Herausforderers Mitt Romney einen neuen Tiefpunkt erreicht. Das US-Magazin Mother Jones veröffentlichte am Montag ein heimlich aufgezeichnetes Video mit Ausschnitten aus Anmerkungen Romneys bei einem Fundraising-Abendessen im Mai vor wohlhabenden Spendern – jeder hatte allein 50.000 Dollar gezahlt, um bei dem Essen dabei sein zu dürfen.
Im Video spricht Romney über die WählerInnen Präsident Barack Obamas: „47 Prozent stehen zu ihm“, sagt Romney. „Sie sind abhängig von der Regierung, sie halten sich für Opfer, sie glauben, dass die Regierung eine Verantwortung hat, sich um sie zu kümmern, sie glauben, sie hätten ein Recht auf Gesundheitsversorgung, auf Nahrung, auf Wohnraum, was auch immer. Es sind Leute, die keine Einkommensteuer zahlen.“
Sein Job, sagt Romney, sei es „sich über diese Leute keine Gedanken zu machen. Ich werde sie nie davon überzeugen, persönliche Verantwortung zu übernehmen und ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen“.
Das Video, dass sich über das Netz und sämtliche Medien in Windeseile verbreitete, bestätigt exakt das Bild des kalten Sozialabräumers ohne jedes Verständnis für das wirkliche Leben breiter Bevölkerungsschichten in den USA, das die Demokraten seit Monaten von Romney zeichnen.
„Wenig elegant“
Bei einer eiligst einberufenen Pressekonferenz bezeichnete Romney seine Anmerkungen als „wenig elegant“, aber richtig: „Letztlich ist das eine Frage nach der Richtung für das Land. Glauben Sie an eine staatsfixierte Gesellschaft, die mehr und mehr Vergünstigungen bereitstellt, oder glauben Sie stattdessen an eine Gesellschaft freien Unternehmertums, in der die Menschen in der Lage sind, ihren Traum zu verwirklichen?“ Er stehe für einen Ansatz „freier Menschen, freien Unternehmertums und freier Märkte“.
Zahlreiche Kommentatoren jedoch werfen die Frage auf, wie jemand Präsident sein wolle, der 47 Prozent der US-Wählerschaft von vornherein abschreibt und sie zumal als faule Sozialschmarotzer darstelle.
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Jetzt hat Romney verlangt, das ganze Video solle veröffentlicht werden, dann würden seine Äußerungen nicht aus dem Zusammenhang gerissen. „Keine Angst“, twitterte Mother Jones prompt zurück, „da kommt noch mehr.“
„Todesstoß“ für Romney
Schon prophezeien einige Medien, das Video könne der Todesstoß für Romneys Wahlkampf gewesen sein. Tatsächlich kommt die Veröffentlichung zu einem Zeitpunkt, da sich Romneys Team gerade wieder der Offensive widmen wollte.
Der republikanische Parteitag hat den Kandidaten in den Umfragen kaum nach vorn gebracht, Romneys Statement am Tag des Angriffs auf das US-Konsulat in Libyen kam nicht gut an, und ein langer Text im Onlinemagazin Politico am Sonntag über heftige Grabenkämpfe in Romneys Wahlkampfteam sorgte erneut für Negativschlagzeilen im Politbetrieb.
Mit der Abwehr der Vorwürfe nach dem neuen Video verliert Romney mindestens eine weitere Woche. Derweil sehen die Umfragewerte für Präsident Obama, auch in einigen der wichtigen Swing States wie Florida und Ohio, jeden Tag ein bisschen besser aus.
Leser*innenkommentare
michael
Gast
auch auf die Gefahr hin den hier so vor sich hintrollenden Linken, ihr Weltbild zu stören,
Rommney hat doch recht, es gibt in jeder westlichen Gesellschaft einen gewissen %Satz an Menschen die glauben der Staat sei dazu da ihnen ihr Leben zu finanzieren. und um dies moralisch zu rechtfertigen, stillisieren sich diese Menschen gern als Opfer von wem oder was auch immer, und leiten daraus dann Ansprüche ab. Unterstütz werden sie dabei von menschen die es gut meinen aber "gut gemeint" ist meistens nicht "gut gemacht". Eigenverantwortung und Selbstständigkeit das sind die Begriffe die einen Erwachsene Menschen ausmachen, alles andere ist infantil.
Mick Kellermann
Gast
Es wird Romney werden, darauf muss die Welt sich einstellen.
Gruß aus Chicago
Trash
Gast
Ein machtgeiler Blödian der im warmen schläft und die Not der Frierenden nicht kennen will! Wer ist Amerika-, sicher nicht nur "diese Romneys".
Valentin
Gast
Doroina, I love you.
Vielen Dank, vor allem für die letzte Frage, die ganz und gar nicht polemisch ist.
Otto Pardey
Gast
Mitt Romney,
der amerikanische Alptraum eines
kaltherzigen Nazischweins.
Sören
Gast
Man fragt sich, wie sich Mitt Romney eine Präsidentschaft vorstellt, in der sich die Regierung um knapp die Hälfte der Bevölkerung nicht kümmert.
Seine Äußerungen sind schlicht falsch, weil diese Leute (aus verschiedenen Gründen) keine Einkommenssteuer an den Bund zahlen, aber andere Steuern schon (Sozialabgaben, Mehrwertsteuer). Außerdem sollten eine vernünftige Wohnung, Essen und eine Gesundheitsversorgung für alle eigentlich Grundrechte in einer zivilisierten Gesellschaft sein.
Romney zeigt sich wohl eher als Fan der "Freien Marktwirtschaft" in ihrer perversesten Form - alles den "Erfolgreichen", nichts für die "Verlierer".
Jemand, der so denkt, kann eine sowieso schon gespaltene Gesellschaft nicht führen.
Mirko Malessa
Gast
Das hätte mal Brezhnev passieren müssen!
DasFrosch
Gast
@Bernd
Ich überreiche ihnen an dieser Stelle den üblichen
"Godwin’s law" Award in dämlich.
Solch ein kruder und ja auch dummer Kommentar ist schon überzeugend und lässt auch verstehen das Sie den Artikel nicht verstanden haben(Ich gehe davon aus das es viele Dinge gibt welche Ihnen zu hoch sind).
Na aber villeicht mochten Sie ja einen der anderen US-Warlords aus der Vergangenheit lieber.
Wir hätten da noch frisch im Angebot einen Nixon oder falls der Ihnen zu zäh ist einen Bush jr.
von meiner Seite aus noch ein Fröhliches *trollplonk* für soviel "Pazifismus" und "Weisheit".
randolf dammann
Gast
Ob der Bernd da nicht ein bischen übertreibt mit seinem eigenartigen Vergleich ?
Andererseits hat Obama mehr Drohneneinsätze als Bush angeordnet und vor allen Dingen hat er im NDAA Gesetz verfügt, dass das amerikanische Militär weltweit jeden festnehmen darf, der im Verdacht steht mit "Menschen die dem Terrorismus nahestehen" zu tun zu haben.
Das wären bei "wohlwollender" Auslegung auch Journalisten, Richter, halt einfach jeder, der als missliebig empfunden wird. Potentiell bisher, aber möglich.
Ob man einen gewählten Präsidenden wie Obama deswegen gleich mit einem Diktator vergleichen muss?
Ich halte die Macht Obamas eher für begrenzt, allerdings könnte es mit Romney noch schlimmer kommen. da gebe ich Doorina völlig recht.
randolf dammann
Gast
Ob der Bernd da nicht ein bischen übertreibt mit seinem eigenartigen Vergleich ?
Andererseits hat Obama mehr Drohneneinsätze als Bush angeordnet und vor allen Dingen hat er im NDAA Gesetz verfügt, dass das amerikanische Militär weltweit jeden festnehmen darf, der im Verdacht steht mit "Menschen die dem Terrorismus nahestehen" zu tun zu haben.
Das wären bei "wohlwollender" Auslegung auch Journalisten, Richter, halt einfach jeder, der als missliebig empfunden wird. Potentiell bisher, aber möglich.
Ob man einen gewählten Präsidenden wie Obama deswegen gleich mit einem Diktator vergleichen muss?
Ich halte die Macht Obamas eher für begrenzt, allerdings könnte es mit Romney noch schlimmer kommen. da gebe ich Doorina völlig recht.
Branko
Gast
Keine Angst.
Jemand, den man eher links, demokratisch, sozial, solidarisch einordnen würde, wäre jetzt verbrannt - aber doch kein Konservativer.
Einem Konservativen hat es noch nie geschadet, wenn seine wahre Meinung mal öffentlich wurde.
Naiv, wer glaubt, CDU, CSU, FDP und leider auch Teile der SPD würden da anders denken.
Da wird sich entschuldigt und schnell eine spektakuläre Sau durch's Dorf getrieben - z.B ein islamistischer Terrorakt käme jetzt ganz gelegen; dagegen helfen nur Rechtskonservative - und dann ist das allerspätestens in max. zehn Tagen sowas von vergessen, als wenn es nie passiert wäre.
Doroina
Gast
Interessant ist ja, dass diese Leute immer noch behaupten können, sie hätten ihre Millionen "verdient"; gerade in Romneys Aussagen schwingt dieser Mythos vom "Tellerwäscher, der es aus eigener Kraft geschafft hat" wieder und wieder mit. Und er ist bei Weitem nicht der Einzige, der so denkt.
Fakt ist, dass Reichtum - erst recht solcher, wie ihn ein Mitt Romney besitzt - niemals durch "harte Arbeit" erwirtschaftet werden kann. Diese Art von Reichtum generiert sich aus Spekulationen an den Börsen der Welt. Sie generiert sich aus den riesigen Gewinnspannen, die sich aus ausbeuterischen, menschenverachtenden Arbeitsbedingungen überall auf der Welt (z.B. in Uran- oder Goldminen im Kongo oder in den asiatischen Billig-T-Shirt-Fabriken, aber auch in den USA oder Deutschland selbst, Stichwort: Mindestlohndebatte) ergeben. Sie generiert sich aus Raubbau an der Natur. Sie generiert sich aus Lobbyismus, der Gesetze zu Gunsten von Reichen beeinflusst. Sie generiert sich aus Steuerflucht.
Diese Art von Reichtum LÄSST arbeiten. Andere Menschen. Um dann genau diese Menschen mit den ewig gleichen Vorwürfen vom "Schmarotzertum" zu beschämen.
Doch wer ist hier wirklich der Schmarotzer??
Thomas Fluhr
Gast
Immer hin endlich ein Politiker, der sagt was er denkt und dann auch dazu steht.
Und er ist ja nicht allein mit seiner Weltsicht, sonst wäre er wohl kaum Kandidat geworden, ob das seine Chancen schmälert, man kann nur hoffen, für die USA und die Welt. Aber noch gilt die Meinungsfreiheit-.
Gerda
Gast
Das Video habe ich mir angesehen und sehr gut verstanden!
Das verwendete Vokabular wie "Sozialschmarotzer" mit der Beschreibung der "sozialen Hängematte", in die sich 47 % der Bevölkerung gelegt haben, um von der Regierung verlangen, daß sie mit Essen, Wohnung, Gesundheitsversorgung und "was noch alles" versorgt werden, dafür aber keine Steuern zahlen, erinnert mich an die Aussagen und Forderungen der FDP!
Das Video sollte tatsächlich vollständig verbreitet und auch übersetzt werden. Damit die ganze Welt erfährt, welche Politik aus den USA kommt, wenn Mitt Romney zum Präsidenten gewählt werden sollte.
Es wäre gut, wenn die taz weiter regelmäßig und noch ausführlicher aus den USA berichten läßt und die LeserInnenschaft auch auf die bevorstehenden TV-Duelle aufmerksam macht.
Goldman
Gast
Können Sie noch den Politico-Artikel verlinken?
Würde mich sehr interessieren, konnte den aber leider nicht finden.
Bernd
Gast
Ich kann der taz jetzt nicht ganz folgen - was genau sollen denn die Wähler von Obama anderes sein als "Opfer"? Die meisten Wähler der NPD sind doch auch eher der unteren Hälfte des Volkskörpers, also den Opfern, Verlierern zuzurechnen, und im Vergleich zum "schwarzen Hitler", den ultra-rechten Kriegstreiber Obama, ist die NPD noch richtig niedlich. Ich finde, Romney hat recht, ich finde es eher schlimm, dass die taz den Kriegstreiber Obama hier noch verteidigt. Nicht nachvollziehbar.