Repressionen gegen Opposition: Iran verhaftet Mitarbeiter Mussawis
Die Milizen patroullieren weiter in Teheran, schlagen Protestler zusammen. Außerdem wurden Mitarbeiter Mussawis verhaftet. Trotzdem geht der Protest weiter. Kandidat Resai jedoch gibt auf.
TEHERAN dpa/afp/rtr/taz | Trotz eines offiziellen Versammlungsverbots demonstrierten in Teheran mehrere Hundert Anhänger des umstrittenen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad am Dienstag unbehindert vor der britischen Botschaft gegen die nach ihrer Meinung feindliche Politik des Westens. Die Polizei griff nicht ein.
Dagegen sorgt ein massives Aufgebot der Sicherheitskräfte in der iranischen Hauptstadt dafür, dass es zu keinen weiteren Protesten der Opposition kommt. Für Dienstag hatte es aber auch keine neuen Aufrufe gegeben.
Zudem kam es nach Berichten der Oppositionsbewegung über Twitter weiter zu massiven Übergriffen der den Revolutionswächtern unterstehenden Bassidsch-Milizen gegen Bürger, die nach Protestlern aussehen. An einigen Stellen entwickelten sich den Twitterberichten zufolge auch kleinere Straßenschlachten.
Die Milizen kontrollieren demnach auch die Zugänge zu Krankenhäusern, um zu sehen, ob Protestler eingeliefert werden. Wer mit typischen Verletzungen von Straßenschlachten eingeliefert werde, müsse damit rechnen, erneut verprügelt oder verhaftet zu werden, warnen Oppositionelle ihre Mitstreiter.
Neue Proteste am Mittwoch
Für Mittwoch ruft die Opposition zu Protesten am Nachmittag auf, an denen offenbar auch Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi persönlich teilnehmen will. Außerdem soll am Donnerstag erneut der Toten der Proteste gedacht werden.
Mussawi forderte am Mittwoch die Bildung eines unabhängigen Komitees, dass alle Vorwürfe des Wahlbetrugs untersuchen soll. In einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung, schrieb Mussawi, dieses Komitee solle den gesamten Wahlprozess unter die Lupe nehmen. Die Erkenntnisse dieser Untersuchung und der abschließende Bericht des Komitees würden nicht nur dazu beitragen, die Lage zu beruhigen sondern auch generell das Vertrauen in das System wieder herstellen, schrieb Mussawi.
Wächterrat schließt Annullierung aus
Im Iran sollen der neue Präsident und sein Kabinett zwischen dem 26. Juli und dem 19. August ihren Amtseid ablegen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Dienstag berichtete, hat das Parlamentsbüro dies festgelegt. Der nach offiziellen Angaben wiedergewählte Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad wurde in dem Bericht namentlich nicht erwähnt.
Doch zuvor hatte der Wächterrat sich zwar weitere fünf Tage zur Prüfung Zeit genommen, eine Annullierung der umstrittenen Abstimmung aber ausgeschlossen. Es gebe keine Belege für größere Unregelmäßigkeiten während der Wahl, berichtete der staatliche Sender PressTV unter Berufung auf einen Sprecher des Rats. Das Endergebnis der Wahlen sollte eigentlich am Mittwoch bekanntgegeben werden.
Die Wahl am 12. Juni hatte nach offiziellen Angaben der konservative Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad mit fast zwei Dritteln der Stimmen für sich entschieden. Mir Hossein Mussawi folgte mit rund elf Millionen Stimmen Abstand.
Kandidat Resai zieht Klage zurück
Derweil bröckelt die Front der Opposition gegen die umstrittene Präsidentenwahl. Wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am Mittwoch meldete, zog der unterlegene Präsidentschaftskandidat Mohsen Resai seine Beschwerde beim Wächterrat gegen die Wahlergebnisse zurück.
In einem vom IRNA zitierten Schreiben bedauerte der konservative Kandidat, dass dem Gremium trotz eines fünftägigen Aufschubs zu wenig Zeit bliebe, um die gemeldeten Fälle von Unregelmäßigkeiten zu prüfen. Als weiteren Grund für seine Entscheidung gab er an, die "politische, soziale Situation sowie die Sicherheitslage seien in eine sensible und entscheidende Phase getreten, die wichtiger sei als die Wahlen".
Verhaftungen gegen Mussawis Zeitungsredakteure
Die Regierung setzt ihre Verhaftungen fort: Wie jetzt bekannt wurde, verhafteten die Behörden am Montag rund 25 Mitarbeiter von Mussawis Zeitung "Kalemeh Sabs". Das berichtete am Mittwoch ein Mitglied der Chefredaktion des Blattes.
"Fünf oder sechs Mitarbeiter aus der Verwaltung, der Rest sind Journalisten", sagte Aliresa Beheschti. Sie seien alle ohne Haftbefehl mitgenommen worden. Fünf Frauen unter den Festgenommenen seien am Dienstagabend jedoch wieder freigelassen worden. Die Zeitung war bereits am Tag nach den umstrittenen Wahlen im Iran Mitte Juni von den Behörden verboten worden.
Obama ermahnt die iranische Regierung
Mit deutlichen Worten hat US-Präsident Barack Obama die "ungerechten Aktionen" der iranischen Staatsgewalt gegen Demonstranten verurteilt. "Die USA und die internationale Gemeinschaft sind erschüttert und empört über die Drohungen, Misshandlungen und Gefangennahmen der letzten Tage" im Iran, sagte Obama am Dienstag im Weißen Haus.
Neue Entscheidungen über die künftige US-Politik gegenüber dem Iran hingen allerdings von der Entwicklung ab, die derzeit noch ungewiss sei.
Die Führung des Irans versuche mit "einer alten Strategie" und der Schaffung von Sündenböcken davon abzulenken, dass das iranische Volk um seine Zukunft ringe, sagte Obama weiter. "Das iranische Volk hat ein universelles Recht auf Versammlungs- und Redefreiheit", sagte der US-Präsident. Keine Politik der "eisernen Faust" dürfe heute ein Volk daran hindern, seinen Willen auszudrücken.
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