piwik no script img

Reporter des Satans

■ Die Medien und das Geiseldrama - auf 3Sat, Mi., 31.8., 22 Uhr

Was für eine entsetzliche Wahrheit muß das zweieinhalbminütige „Rösner-Interview“ entborgen haben, daß fünf gestandene Journalisten (von Bunte, Quick, Süddeutsche, ZDF und Gong) sowie der SPD-MdB Schmude und der CDU -Staatssekretär Schleyer geschlagene zwei Stunden darüber diskutieren, ob man es hätte senden dürfen und wenn ja, warum nicht bzw. wie man diese „bewegten Bilder“ besser hätte „journalistisch einordnen“ sollen/können.

Nur der „Mann der Praxis“, der Quick-Reporter Quack, fragte zum Schluß vorsichtig: „Es geht die ganze Zeit hier um die Wirkung des Interviews - sind wir denn sicher, daß sie so verhehrend für die Zuschauer war?“ Für die Zukunft wünschte er sich ansonsten, daß die Medien wieder „den Schulterschluß mit der Polizei suchen“.

„Die Reporter des Satans bringen die ganze Branche in Mißkredit“, so der Gong-Chefredakteur, der im übrigen der einzige war, der nicht staatsmännisch abdröhnte. „Ich wünsche mir im öffentlichen Umgang die Nachdenklichkeit, die wir hier hatten“, sagte ZDF-Heute-Chef Eser, der zuvor 29 mal beteuert hatte, er mag keine „Selbstgerechtigkeit“. Der Chef der Süddeutschen meinte: „Man sollte einen Menschen nicht in der Stunde der Not zeigen!“ (Das gilt natürlich nicht für Neger, Asiaten und Lateinamerikaner!)

Ganz wunderbaren Scheiß redete auch der Sozialdemokrat daher: „Wurden da nicht Tabus verletzt, deren Außerachtlassung das Empfinden der Menschen verletzt? Sie haben doch das Wort, Herr Eser! Das Wort!“

Fischauge Schleyer brachte eins ums andere mal die „Informationspflicht“ und die „Verantwortung“ ins diskursive Spiel, und zwar so, als hätte nicht die Polizei, sondern die Presse Mitschuld an den zwei toten Geiseln - wegen ihrer konkurrenzbedingten Sensationsgier. Der Gong-Chefredakteur versuchte richtigzustellen: „Mithilfe der Medien hätten die Geiseln gerettet werden können - das war reine Eifersucht bei den Polizisten!“

„Aber dieser Film, die Gangster wie sie durch die Republik fahren, das hat dem wehrlosen Staat vorgeführt, das ist doch unser Erschrecken gewesen.“ (Eser vom ZDF, das sich den Film von der ARD geklaut und ausgestrahlt hatte!) Darum ging es also - und alle sind schuldig geworden - sogar die Zuschauer: Sie „sollten bedenken, die Mitkäufer von Zeitungen haben auch alle mitgewirkt!“ (Schmude)

Angesichts solcher und ähnlicher medientheoretischer Hochsubtil-Reflexionen mußte der Zuschauer dieser 3Sat -Diskussion jedoch dem Bunte-Fotoreporter zustimmen: „Ich habe aus dieser Diskussion nicht viel gelernt!“

H.H.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen