Rentenbeitrag sinkt minimal: Streit um 3,80 Euro pro Monat
Weil die Rentenkasse gut gefüllt ist, werden die Beitragssätze ab 2012 gesenkt. Opposition und Gewerkschaften fordern, das Geld lieber in die Bekämpfung der Altersarmut zu stecken.
BERLIN taz | Arbeitnehmer werden ab 2012 durchschnittlich rund 3,80 Euro mehr im Monat in der Tasche haben. Der Grund dafür sind Beitragssenkungen für die gesetzliche Rentenversicherung (GRV), die das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat.
Oppositionspolitiker und Gewerkschaften kritisierten diesen Schritt jedoch. Sie wollen auf die Mittel in der Rentenkasse nicht verzichten, sondern sie zur Bekämpfung von Altersarmut einsetzen.
Der Beitragssatz wird ab 2012 von derzeit monatlich 19,9 Prozent auf 19,6 Prozent gesenkt. Beschäftigte und Arbeitgeber, die sich die Beiträge zur Rentenkasse teilen, würden damit um jeweils 1,3 Milliarden Euro jährlich entlastet, sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Berlin.
Die Entscheidung zur Beitragssenkung liegt jedoch nicht unmittelbar im politischen Ermessen. Sie ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn die Rücklagen in der GRV das 1,5-Fache der Monatsausgaben überschreiten. Dieser Wert wird wegen der guten Beschäftigungslage Ende des Jahres knapp erreicht sein. Das Gesetz hatte 2004 die rot-grüne Bundesregierung eingeführt.
Heute stellen die Grünen dies aber wieder infrage: Wolfgang Strengmann-Kuhn, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion, kritisiert den derzeitigen Automatismus: "Statt die Beiträge zu senken, sollte man lieber darüber nachdenken, das Geld in die Verbesserung der Erwerbsminderungsrente zu stecken." Laut Strengmann-Kuhn biete der "Regierungsdialog Rente", den das Bundesarbeitsministerium derzeit ausrichtet, den passenden Rahmen, um über eine Änderung des Gesetzes nachzudenken.
Unvernünftige Beitragssenkungen
Auch Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, ist wie auch der Deutsche Gewerkschaftsbund dafür, auf die Beitragssenkung zu verzichten: "Mit Blick auf die Welle der Altersarmut ist sie weder vernünftig noch nachhaltig." Bereits heute liege die Erwerbsminderungsrente für arbeitsunfähige Kranke unter dem Grundsicherungsniveau von 678 Euro, sagte Birkwald.
Ohne Beitragssenkungen würden 3,3 Milliarden Euro - die Versicherungsbeiträge samt Bundeszuschuss zur GRV - in der Rentenkasse bleiben. Damit könnte die Erwerbsminderungsrente laut Birkwald um gut einhundert Euro erhöht werden.
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