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Religiöse BildungPrivatschule unter Beschuss

Das Gymnasium Alsterring hat Ärger mit der Stadt. Staatliche Vorgaben sollen nicht eingehalten worden sein, Sorgen macht auch die Nähe zur Gülen-Bewegung.

Führer der sektenähnlichen Gülen-Bewegung: Fethullah Gülen. Bild: dpa

Als 2008 das private Gymnasium Alsterring gegründet wurde, gab es zum einen Beifall für das Ziel, migrantische Kinder besonders zu fördern. Zum anderen aber betrachtete man die Gründung mit Sorge: Der Förderverein Alsterbildungsring e.V. soll der Gülen-Bewegung nahe stehen. Sogenannte private Gülen-Schulen sind dafür bekannt, die Lehren von Fethullah Gülen, einem türkischen Geistlichen, weiterzugeben. Diese Lehren orientieren sich am Islam; allerdings wird der Bewegung mit sektenähnlichen Strukturen vorgeworfen, den türkischen Staat zu unterwandern und einen Staat im Staat bilden zu wollen.

Die Gülen-Bewegung betreibt in 140 Ländern Privatschulen. In Deutschland gibt es bisher nur Nachhilfezentren, die Kosten belaufen sich auf bis zu 350 Euro im Monat pro Kind. Wenn die Eltern sich zur Gülen-Bewegung bekennen, ist ein Rabatt möglich. Zu Beginn der Woche hat das türkische Parlament in Ankara die Schließung beziehungsweise Verstaatlichung der „Gülen-Schulen“ beschlossen. Fethullah Gülen gilt als stärkster Kontrahent von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

In Hamburg hat das Gymnasium Alsterring, das immer wieder als Gülen-Schule bezeichnet wird, ebenfalls Probleme mit dem Staat. Nach Berichten des Hamburger Abendblatts wurden staatliche Auflagen nicht eingehalten. So wurde unter anderem der für die staatliche Förderung wichtige Jahresabschlussbericht nicht eingereicht, auch fehlte es bei manchen Lehrern an Qualifikationen. Erst auf Anraten der Behörde wurden neue Lehrkräfte eingestellt.

„Wir haben dafür gesorgt, dass die Qualifikationen entsprechend angepasst werden, sprich, dass Lehrkräfte eingestellt werden, bei denen das der Fall ist. Wir haben entsprechende Personalvorschläge gemacht. Die Schule hat also die Chance, kurzfristig die Bedingungen wieder zu erfüllen“, sagte Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. „Das Alsterring Gymnasium hat aktuell eine Genehmigung, diese kann aber auch widerrufen werden, wenn die Schule die Bedingungen nicht mehr erfüllt.“ In der Regel hat eine Schule drei Monate Zeit, um die Auflagen zu erfüllen, wenn ihr dies nicht gelingt, werden die Schüler auf staatliche Schulen verteilt.

Alsterring Gymnasium

Das Alsterring Gymnasium wurde 2008 gegründet. Es steht in der Kritik, eine türkische Schule in Deutschland zu sein.

Es wird befürchtet, dass die Lehren von Fethullah Gülen, dem Oberhaupt der islamisch-geprägten Gülen-Bewegung, in den Lehrplan einfließen.

Zwar sind Mitglieder des Trägervereins Mitglieder der Gülen-Bewegung, nach Angaben der Schulleitung hat das jedoch keinen Einfluss auf den Lehrplan.

Zunächst besuchten nur türkische Schüler das Gymnasium in Barmbek, der Senat betonte jedoch, dass das Gymnasium keine bestimmte Zielgruppe habe.

Das Alsterring Gymnasium wird seit 2012 staatlich gefördert. Trotz Förderung muss pro Schüler ein Monatsbeitrag von 270 Euro bezahlt werden.

Am Donnerstag war weder der Schulleiter noch der Förderverein Alsterbildungsring e.V. zu einer Stellungnahme bereit. Auf der Webseite des Gymnasiums wurde jedoch eine Stellungnahme veröffentlicht, in der die Vorwürfe des Abendblatts zum Großteil als veraltet oder falsch zurückgewiesen werden.

Behördensprecher Albrecht verneinte auf Anfrage weiterhin den Eingang des Jahresabschlussberichtes, auch habe es keine Fristverlängerung gegeben. Bei einem fehlenden Jahresabschluss kann die Stadt Hamburg ihre Fördermittel einstellen, die für das private Gymnasium momentan bei etwa 1,1 Millionen Euro pro Jahr liegen. Zwar dementiert das Alsterring Gymnasium die Summe, die Stadt bleibt jedoch dabei.

Auf Nachfrage erklärte der stellvertretende Geschäftsleiter des Alsterring Gymnasiums, Metin Aytekin, den Jahresbericht eingereicht zu haben. Zunächst bot er einen Beleg an, zog das Angebot aber mit Verweis auf interne Abläufe zurück. Die Behörde befinde sich, so Albrecht, weiterhin im Gespräch mit der Schule.

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