piwik no script img

Rekordtemperaturen am NordpolDominoeffekt heizt Ozean auf

Dramatische Folgen des Klimawandels in der Polarregion. Die Eisdecke am Nordpol schmilzt weg: die Erwärmung des Ozeans wird dadurch noch beschleunigt.

Um jährlich 25 Zentimeter steigt der Meeresspiegel in der Arktis. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Die Erwärmung der Arktis nimmt dramatische Formen an. Das vergangene Jahr war das wärmste überhaupt seit Beginn regelmäßiger Messungen, und die Temperaturen liegen dort jetzt 5 Grad über dem Normalwert. Dies meldet der dritte Arktis-Report von 46 WissenschaftlerInnen aus zehn Ländern, den die US-Klimabehörde NOAA ("National Oceanic and Atmospheric Administration") jetzt vorgelegt hat.

"Wir sehen in der Arktis einen Dominoeffekt", sagt James Overland, ein Ozeanograf am NOAA-Marine-Laboratorium in Seattle und einer der Mitverfasser des Reports: "Und wir können den hier viel deutlicher beobachten als in anderen Regionen." Die steigenden Lufttemperaturen seien eine Folge der Eisschmelze. Im vergangenen September war die Eisdecke im arktischen Meer mit 4,3 Millionen Quadratkilometer auf die kleinste, in diesem Jahr mit 4,7 Millionen auf die zweitkleinste Ausdehnung zusammengeschmolzen. Das habe den Effekt, dass sich das eisfreie Wasser des arktischen Meeres durch die von ihm absorbierte Sonneneinstrahlung weiter erwärme, was die Eisschmelze wiederum verstärken werde. Und die Erwärmung der Luft habe auf Grönland dazu geführt, dass dort die Inlandeisdecke im vergangenen Jahr ein Volumen von über 100 Kubikkilometern verloren habe.

Die Rückwirkungen auf das Ökosystem dieser Region sind umfassend. Für einige Tierarten wie Eisbären verschwindet der Lebensraum, für andere wie Gänse erweitert er sich. Auf den Bestand der Wale gibt es offenbar unterschiedliche Auswirkungen. Einige, wie der vom Aussterben bedrohte Grönlandwal, profitieren anscheinend von einem zusätzlichen Nahrungsangebot. Der Narwal-Bestand geht hingegen zurück, und beim Beluga sind die Zahlen je nach Stamm unterschiedlich.

Weitere Veränderungen sind: Das Land erwärmt sich, der Dauerfrostboden schmilzt und bietet Platz für neue Pflanzen. Die Arktisregion wird grüner, die Schneeschmelze beginnt immer früher. Gletscher schrumpfen, der Zufluss von Süßwasser ins Arktismeer nimmt zu.

Nicht nur regionale, sondern globale Auswirkungen hat die Erwärmung der Arktis schon jetzt. Durch das Verschwinden des Dauerfrostbodens wird das bisher dort gebundene Methan in die Atmosphäre freigesetzt. Ein vielfach schädlicheres Klimagas als Kohlendioxid, das damit den Treibhauseffekt zusätzlich anheizt. Und der Anstieg des Meeresspiegels um 0,25 Zentimeter binnen eines einzigen Jahres, der primär auf die Grönlandeisschmelze zurückzuführen sei, ist laut NOAA "bislang noch nicht da gewesen".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • K
    Karl

    ""Dies ist ein sehr kompliziertes System, und wir arbeiten sehr genau daran, seine Rätsel zu lösen", sagte Jackie Richter-Menge vom Cold"

     

    : "Wir wissen nicht sehr viel über das System und dessen Einflussgrößen...aber der Vorgang ist

    s i c h e r sehr gefährlich, gebt uns Geld..." ...dann vergessen wir auch zu erwähnen, dass das Eisvolumen der Antarktis relativ zunimmt.

     

    Ganz toll, eingedenk der unwahrscheinlich langen Zeitreihe für die Flächendaten zur Verfügung stehen.

    Was wird da als "Normal" angesehen und warum?

    Wie groß ist eigentlich die, an glazialen Spuren gut wissenschaftlich nachweisbare, Schwankungsbreite der Eisausdehnung auf der Nordhalbkugel seit der KT-Grenze? Nur gefragt, um sicherstellen zu können ob Referenzwerte vorliegen die eine überprüfbare Einordnung des vorliegenden Sachverhaltes ermöglichen.

     

    Zudem ist zu Klären von welchem "Nordpol" hier die Rede ist. Und, für die topographisch naiven Menschen, sei angemerkt: Die Position des magnetischen Pols wanderte nachgewiesenermaßen seit dem Tertiär über erhebliche Distanzen!

    Wovon ist nun genau die Rede?

     

    Für die Lage des topografischen Pols verweise ich auf die Literatur zur Kontinentaldrift.

     

    "..stellt einen bislang beispiellosen Anstieg des Meeresspiegels in der Arktis von 0,25 Zentimeter im Jahr fest"

     

    Nochmals erhebt sich hier, vor dem Hintergrund vermeintlicher Messgenauigkeit, die unabweisbare Frage:

    Wer hast das gemessen?,wie kommt es zu dem Wert angesichts einer um ca. 30 m (über den gesamten Geoiden gesehen)differierenden Meresoberfläche?

    Wie war die Messgenauigkeit bestimmt?, angesichts von 2,5 mm Angaben sollte die Genauigkeitsschwelle ja deutlich darunter liegen!

     

    Die Hebungsraten von Teilen der Landmassen über 50° N liegen messbar im Bereich von Zentimetern; Seit dem letzten Verlust seiner Eiskappe heben sich z.B. Norwegen/Schweden vergleichsweise schnell.

     

    Dabei bleiben die objektiv feststellbaren Veränderungen für Fauna und Flora, aber losgelöst von schlechten Korrelationsversuchen ohne Kausalkette.

     

    "Dies sei aber darauf zurückzuführen, dass inzwischen - wie in der Region normal - eine Kälteperiode einen Wärmezyklus abgelöst habe, sagte Overland. Wenn der nächste Wärmezyklus einsetze, werde sich der Temperaturanstieg nach seiner Einschätzung wieder beschleunigen."

     

    Solange sich die Autoren nicht zu quantifizierbaren Angaben herablassen bleibt auch diese Äußerung dem Boden der Tatsachen relativ fern; klassische "Ihr werdet alle sterben"-Logik.

     

    Glück auf!

     

    Karl

     

    PS: (Für die Nichtversteher) Klima ist eine statistische Betrachtung des Wetters. Mithin ein dynamisches System das permanenten Veränderungen unterworfen ist. Um die menschlichen Möglichkeiten zu erfassen sind nun, abseits von jeder Ökofantasie, belastbare Angaben dringend erforderlich, halbgare Meldungen in der vorgelegten Form sind ein unzureichender deskriptiver Ansatz!