Kommentar: Reinlich statt kleinlich
■ Warum die Ambulanz am Nobistor selbst zum Notfall werden wird
Endlich mal eine gute Nachricht für und aus St. Pauli: Die Seuchengefahr im Stadtteil wird schon bald gebannt sein. Warme Wannenbäder am Nobistor sollen spätestens im nächsten Jahr für mehr Hygiene in Viertel und Bevölkerung sorgen.
Dafür ist der Hamburger Gesundheitsbehörde nichts zu teuer. Mit satten 8,75 Mark pro Einwohner und Jahr will sie das künftige Bäderland in der neuen Notfallambulanz subventionieren: reinlich, nicht kleinlich. Doch gegenüber der Tragfähigkeit des Konzeptes drängt sich Skepsis auf.
Ob eine Ambulanz ohne den stationären Hintergrund einer Klinik ein Fortschritt ist, darf füglich bezweifelt werden. Fraglich ist auch, ob die Zentralisierung am Nobistor – unter Aufgabe von Hafenkrankenhaus, Stresemannstraße und dreier privater Praxen – medizinisch Sinn macht. Und daß die Ambulanz auf Dauer rund um die Uhr kranker Kunden harren wird, ist allen Subventionen zum Trotz mit einem betriebswirtschaftlich nicht geringen Risiko behaftet.
Selbst die Kassen und Verbände, die gestern die private Notdienst-Ambulanz für St. Pauli propagierten, sprühen vor verhaltenem Pessimismus. Sollte sich dieser bestätigen, werden die Folgen zweifellos zu Lasten der Patienten gehen.
Der gestrige Schnellschuß, passend zur zeitgleich eingeleiteten Liquidierung des Hafenkrankenhauses abgegeben, wird den politischen Druck aus dem Quartier auf die Senatorin und ihre Partei kaum mindern.
Der Notfall am Nobistor ist programmiert.
Sven-Michael Veit
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