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Reine Glaubenssache: Der Onkelz-Streit

■ Proteste, Rat- und Sprachlosigkeit vor den Konzerten der Ex-Skin-Combo im „Aladin“

Der Glaubenskrieg um die ehemalige Skin-Combo „Böhse Onkelz“ geht in die nächste Runde: Im Vorfeld der beiden Bremer Konzerte, heute und morgen abend im „Aladin“ geplant, werfen sich die Befürworter und Gegner der Band einmal mehr die altbekannten Argumente an die Köpfe. „Gute Onkelz gibt es nicht“ – unter dieser Überschrift fordert ein Flugblatt der Autonomen Antifa, die Konzerte abzusagen. Unterstützung bekommen sie vom Vorstand des heimischen AstA, der in einer Erklärung behauptet: „Diese Band war und ist eine Kultgruppe der rechtsradikalen Skinheadszene.“ An eine Läuterung der vier Onkelz glaubt hingegen fest Veranstalter Frank Hinz – für ihn gebe es keinen Grund, die Auftritte abzusagen, erklärte er gestern; von dem befürchteten „Neonazi-Treff“ im Aladin könne keine Rede sein.

Daß der Onkelz-Gig „ein ganz normales Konzert“ werden möge, wie Hinz hofft – so ganz glaubt er inzwischen selbst nicht mehr dran. „Mehr als doppelte Security“ habe er auf alle Fälle organsiert. In der vergangenen Woche war ein Flugblatt aufgetaucht, in dem zur Blockade der näheren Umgebung der Hemelinger Konzerthalle aufgerufen wurde. Sollte es tatsächlich soweit kommen, gelobt Hinz das zu tun, was er seit Monaten vergeblich versucht: „Wir wollen erstmal den Dialog suchen.“

Ein Gespräch zwischen den Streitparteien aber ist bisher noch nicht zustandegekommen. In der vergangenen Woche standen sich die Kontrahenten immerhin schon mal wortlos gegenüber: Zwei Delegierte der antifaschistischen Gruppen statteten der Redaktion von Radio Bremen 4 einen Besuch ab, um gegen Rundfunkwerbung für das Onkelz-Konzert zu protestieren – Hinz selbst hatte im Metal-Magazin „Wild Side“, das er seit sieben Jahren für den Sender gestaltet, zu den Forderungen und Drohungen der Antifa Stellung bezogen und bei der Gelegenheit erklärt, die Konzerte fänden wie vorgesehen statt. Die Redaktion hatte aber auch Hinz zu dem Gespräch mit der Antifa geladen – was letztere erneut ablehnte. Stattdessen forderte die Delegation die RB4-Redaktion auf, sich von der Veranstaltung zu distanzierten. Etwas, wozu nach Ansicht der Rundfunkleute allerdings kein Anlaß besteht: „Wir präsentieren und wir veranstalten dieses Konzert nicht“, sagt Layouterin Libuse Cerna, „also können wir es auch nicht verbieten.“ Ansonsten dürfe Hinz in seiner Sendung generell „keine Werbung für seine Konzerte machen.“

So wechseln beide Seiten weiterhin kein einziges persönliches Wort, wohl aber heftige Protestnoten. Und beide glauben unumstößlich an ihre Sache. Für Avni Korkmaz von der Antifa steht fest, daß sich die Band, die vor zehn Jahren mit Titeln wie „Türkenvotze“ ihr rechtes Publikum anheizte, nicht wirklich verändert hat: „Eine Läuterung bei den Linken stattgefunden“, die nun den Onkelz „Raum geben, sich als nette Ex-Neonazis von nebenan zu präsentieren.“ Er ist überzeugt, daß „Dutzende Neonazis“ im Aladin aufkreuzen werden. Die will Hinz allerdings nach Möglichkeit gar nicht erst durchlassen: „Leute mit Fascho-Symbolen auf dem T-Shirt kommen nicht rein“ – wobei er hofft, daß diese Sorte Fans gar nicht erst auftaucht: „Für jeden Fascho sind die Onkelz heute doch linke Verräter.“ tom

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