piwik no script img

Rehabilitierung verurteilter SchwulerDie Grünen machen Druck

Ein „monströser Schandfleck“ sei es, dass nach Paragraf 175 Verurteilte noch nicht entschädigt wurden, finden die Grünen. Sie haben nun einen Gesetzentwurf vorgelegt.

In der BRD wurden bis 1969 rund 50.000 Männer wegen homosexueller Handlungen zu Haftstrafen verurteilt Foto: dpa

Essen epd | Die Grünen dringen auf eine schnelle Entschädigung von Männern, die in der Nachkriegszeit wegen ihrer Homosexualität verurteilt wurden. Es sei ein „monströser Schandfleck unseres Rechtsstaates“, dass eine Rehabilitierung von Opfern des sogenannten Schwulenparagrafen weiter ausstehe, zitieren die Zeitungen der Funke-Mediengruppe aus einem Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion. Der Entwurf wurde dem Bericht zufolge an Politiker aller Fraktionen verschickt, die mit dem Thema befasst sind.

„Der fortbestehende Skandal, dass in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin Männer mit dem Stigma leben müssen, vorbestraft zu sein, weil sie schwul sind, muss ein Ende haben“, heißt es laut den Funke-Zeitungen in einem beigefügten Schreiben der Abgeordneten Katja Keul und Volker Beck.

Die Zeit dränge: „Angesichts des Alters der Betroffenen und der inzwischen sehr langen Debatte sollten aber bis zum Ende der Sommerpause die Weichen zu einer schnellen Entscheidung des Bundestages gestellt werden.“

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte im Mai einen eigenen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung verurteilter Homosexueller angekündigt. Bislang hat das Ministerium aber nur ein Eckpunktepapier formuliert.

In der Bundesrepublik wurden bis zur Entschärfung des Paragrafen 175 im Jahr 1969 nach Schätzungen rund 50.000 Männer zu teilweise mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Danach wurden noch einmal etwa 3.500 Männer eingesperrt. Endgültig abgeschafft wurde die Regelung erst im Jahr 1994. In der DDR galt der „Schwulenparagraf“ bis 1968. Der Paragraf 175 stammt aus der Zeit des Kaiserreichs und wurde 1935 von den Nationalsozialisten verschärft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • „Der fortbestehende Skandal, dass in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin Männer mit dem Stigma leben müssen, vorbestraft zu sein, weil sie schwul sind, muss ein Ende haben“

     

    Dieses Stigma gibt es nicht. Da die Verurteilungen längs getilgt sind, gelten die Betroffenen als "nicht vorbestraft".

  • Analog zu den 2500 Euro Entschädigung für tschechische Roma, die in KZs eingekerkert waren, wird diese Regierung mit Sicherheit eine ähnliche Lösung für Homosexuelle, die langjährig in Haft saßen, beschließen. Die grenzenlos von Humanität durchdrungene Kanzlerin wird dafür schon sorgen. Aber dann wird es aus gleicher Richtung heißen: „Klappe zu und schön dankbar sein“.