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Regionalwahlen in ItalienAlles andere als selbstverständlich

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Die gemäßigte Linke kann sich bei den Regionalwahlen in Italien behaupten. Die rechten Parteien erhalten wie in der Toskana einen deutlichen Dämpfer.

Stand selber nicht zur Wahl: Ministerpräsident Conte bei der Stimmabgabe in Rom Foto: Remo Casilli/reuters

D ie eine Seite konnte ein Unentschieden verbuchen, das sich wie ein großer Sieg anfühlte, die andere dagegen einen kleinen Sieg, der als bittere Niederlage erschien: Nach dem Verfassungsreferendum und den Regionalwahlen, die am Sonntag und Montag in Italien abgehalten wurden, sah man strahlende Mienen bei der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) und den Fünf Sternen, die gemeinsam die Regierung unter Giuseppe Conte tragen, düstere Gesichter dagegen beim von Matteo Salvinis Lega angeführten Rechtsblock.

„3:3“ titelten diverse Zeitungen am Dienstag, ganz so als sei da eine Fußballpartie über die Bühne gegangen. In sechs Regionen hatten die Wähler*innen ihre Präsidenten und die Parlamente zu bestimmen, und Salvini hatte vom rechten Durchmarsch geträumt, vom Sieg in fünf von ihnen. Doch aus dem Durchmarsch wurde nichts, denn der PD gelang es, gleich drei der bisher von ihr regierten Regionen zu halten: die Toskana, Apulien und Kampanien. Nur die Marken gingen an die Rechte verloren: Dies war der kleine Sieg, über den Salvini sich nicht recht freuen mochte.

Die Siege der PD wiederum waren alles andere als selbstverständlich. Die Rechtsallianz nämlich trat geeint an, während das Regierungslager getrennt marschierte: Die Fünf Sterne brachten es einfach nicht über sich, ein Wahlbündnis mit der PD zu schließen. Da aber in Italien die Bürger*innen ihre Regionalpräsident*innen direkt wählen, war das Risiko einer flächendeckenden Niederlage gegen die Rechte enorm hoch. Am Ende aber lagen sowohl in der Toskana als auch in Apulien die Linkskandidaten nahe bei 50 Prozent und klar vor ihren rechten Konkurrent*innen.

Das lag vor allem daran, dass die linke Wählerschaft sich angesichts der konkreten Drohung aufgerafft hat: Die Wahlbeteiligung stieg deutlich an. Es lag auch daran, dass die PD mit Nicola Zingaretti einen alles andere als charismatischen Vorsitzenden hat, der jedoch sowohl in der eigenen Partei als auch in der Koalition unter Conte stur seinem Kompass folgt, mit dem Kurs, immer die einenden Elemente zu unterstreichen, statt Auseinandersetzungen und innere Konflikte zu schüren. Das kommt offenbar an bei der eigenen Basis.

Conte geht aus dem Votum als Sieger hervor

Während die PD sich rundum freuen kann, ist das Resultat für das Moviment5Stelle (M5S) durchwachsen. Das Verfassungsreferendum über die Reduzierung der Sitze im Parlament war das Baby des M5S: Eigentlich wollten nur sie diese Reform gegen die „politische Kaste“. Dass dann am Ende die Beteiligung mit über 50 Prozent unerwartet hoch lag, dass 70 Prozent die Reform absegneten, können die Fünf Sterne als Erfolg verbuchen.

Trüber dagegen war ihr Ergebnis bei den Regionalwahlen: Quer durchs Land gaben sie deutlich nach. Die Wahl wurde wieder zur Rechts-Links-Auseinandersetzung, und dies zeigte ihnen, dass in einer solchen Situation wenig Platz für eine „dritte Kraft“ bleibt. Die Stimmen derer im M5S, die eine stabile Allianz mit der PD wollten, dürften jetzt noch lauter werden.

Verstummen dürften dagegen alle die, die schon am Stuhl des Ministerpräsidenten Conte sägten. Er stand gar nicht zur Wahl, doch er geht als klarer Sieger aus dem Votum hervor. Der Rechten sind die Gründe abhandengekommen, nach schnellen Neuwahlen zu rufen, aber auch auf der Linken müssen jene Verschwörer*innen, die Conte (ebenso wie Zingaretti an der Spitze der PD) gerne ausgetauscht hätten, ihre Pläne erst einmal einmotten. Noch ist das Mitte-Links-Lager nicht aus der Defensive gegen die Salvini-Rechte herausgekommen – doch es hat jetzt weit bessere Chancen, Salvini die Stirn zu bieten.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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