Regionalmarktvorbild München: "Kunden zahlen für ehrliche Produkte"
München hat mit Regionalmarken Erfolge erzielt, sagt Unternehmensberater Ludwig Karg. Davon will Berlin profitieren.
ist Geschäftsführer der B.A.U.M. Consult GmbH München/Berlin. Das Unternehmen unterstützt seit 1994 die Entwicklung von Regionalmarken und hat auch das Projekt "Von Hier" begleitet.
taz: Herr Karg, Sie haben die Entwicklung von Regionalmarken in ganz Deutschland begleitet. Waren die Projekte immer erfolgreich?
Ludwig Karg: Die meisten ja. Wir haben aber einmal versucht, eine Regionalmarke in einer Region aufzubauen, in der die Erzeuger seit Jahren gute Preise erzielen. Das hat nicht funktioniert. Es braucht den Wunsch oder die Notwendigkeit, etwas zu verändern. Eine Regionalmarke bedeutet für die Erzeuger zusätzlichen Aufwand. Der muss sich aber überlegen, was er produziert und wie er den Verbrauchern den Mehraufwand erklärt. Sind die Kunden bereit, für regionale Produkte mehr zu bezahlen?
Studien zeigen, dass rund 20 Prozent der Kunden bereit sind, bis zu 20 Prozent mehr für ein "ehrliches" Produkt zu zahlen, das in der Region nach Nachhaltigkeitskriterien hergestellt wurde. Ob es Abhof-Verkauf ist oder mit einer Regionalmarke im Supermarkt: Es funktioniert, wenn die Produkte nicht anonym sind. Vorbild des Berliner Projekts ist die Marke "Unser Land" in München.
Die Regionalmarke "Unser Land" hat 1994 ist mit einem einzigen Produkt gestartet: Brot. Meine ersten Gespräche mit den Initiatoren fanden bei mir zu Hause am Küchentisch statt, durchaus passend also, schließlich geht es um gutes Essen. Heute umfasst "Unser Land" rund 70 Produkte, die von über 240 Betrieben im Münchner Umland erzeugt werden und die über 700 Läden und Supermärkten verkaufen.
Ist das auch in Berlin-Brandenburg möglich?
Schwierig im Fall Berlin ist das Verhältnis von Stadt und Land. Berliner und Brandenburger grenzen sich eher voneinander ab, sie fühlen sich nicht unbedingt als Teil einer gemeinsamen Region. Eine Region mit ausgeprägter Identität wie das Allgäu tut sich da leichter. Umgekehrt gibt es in Berlin und Brandenburg eine starke Zivilgesellschaft und ein ausgebautes Netz an Institutionen, die die Regionalentwicklung fördern.
Das Land Brandenburg als der Versorger Berlins. Wird Brandenburg damit nicht noch stärker auf die Landwirtschaft reduziert?
Ich glaube nicht. Das "Von hier"-Programm führt auch dazu, dass die Region um Berlin besser bekannt wird und ihre Stärken zeigen kann. Ich rechne damit, dass sich viele Unternehmer, die das Land um Berlin kennen lernen, gern dort ansiedeln. Eine schöne Landschaft, saubere Luft und intakte Ortsgemeinschaften sind wichtige Standortfaktoren, zum Beispiel wenn es darum geht, Mitarbeiter zu gewinnen. Eine Regionalmarke für die Entwicklung einer Region kann wie ein Katalysator wirken.
Interview: Juliane Schumacher
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