Regionaler Klimaschutz: „Bremen ist unehrlich“
■ Lokal handeln? Immer mehr Abstriche bei der Kohlendioxid-Reduzierung
Nach dem Motto „Global denken - lokal handeln“ brüstet sich Bremen schon seit Jahren, Treibhausgase im Lande verringern zu wollen – und macht dabei immer mehr Abstriche. Sechs Jahre vor der Ausarbeitung des Kyoto-Protokolls 1997 in Japan trat Bremen 1991 dem „Klimabündnis“ bei. Dieses Bündnis zwischen europäischen Städten und indigenen Völkern des Regenwaldes verspricht, den Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent zu verringern.
In Bremen sanken die Zielzahlen seitdem kontinuierlich: 1994 hieß es noch im Landes-Energieprogramm, dass man bis 2005 die Kohlendioxid-Emissionen um 30 Prozent verringern wolle. 1996 gab Bremen zu, diese Reduzierung nicht zu schaffen, und kündigte an, 14 Prozent weniger Kohlendioxid in die Luft pusten zu wollen. Die Zahlen von heute sehen eine Reduzierung um etwa elf Prozent vor.
Der tatsächliche Ausstoß des Treibhausgases im Lande Bremen zwischen 1991 und 1998 zeigt, dass sich trotz der hohen Ziele zwar kaum etwas getan hat, aber schlimmer wurde es auch nicht: 1991 lagen die Emissionen bei 11,89 Millionen Tonnen, 1998 bei 11,86 Millionen.
Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Joachim Schuster, verteidigt trotzdem die hochgesteckten Ziele seiner Partei. „Das sind eben Zielzahlen, an denen wir aber festhalten“. Klimaschutz müsse aber auch wirtschaftlich sein, das ist seine Botschaft. „Wegen der Haushaltslage haben wir wenig Fördergelder, und was sollen wir machen, wenn die Stahlwerke gut arbeiten? Dann verbrauchen sie eben mehr Energie.“ Die SPD möchte sich daher nicht auf die Industrie, sondern auf zwei andere Initiativen konzentrieren: die Stromeinsparung durch „energetische“ Sanierung und den Ausbau von Windkraft.
Der Landesvorstandssprecher der Grünen, Klaus Möhle, räumt ein, dass während der Koalitions-zeiten in Bremen seine Partei bei weitem nicht das erreicht habe, was sie erreichen wollte. „Die Ampelkoalition war dann auch nur noch einen Versuch wert“, sagt er lakonisch. Möhle ist der Meinung, dass nicht nur Treibhausgase verringert werden müssten. „Es geht um die ökologische Umgestaltung der Industriegesellschaft“. Was dieser elegante Ausdruck heruntergebrochen auf Bremen bedeuten würde? Zum Beispiel Altbausanierung, Möhles Steckenpferd. Damit ließe sich bis zu 30 Prozent Energie einsparen.
Auf diesen Zug springt auch der BUND auf: „Das Rathaus ist beispielhaft für schlechten Wärmeschutz!“, sagt Klimaexperte Bernd Langer. Für Bremen fordert der BUND, endlich die lang geplanten Maßnahmen zu starten, die den Kohlendioxid-Ausstoß verringern könnten. Ein Beispiel wäre das Weserkraftwerk, das immer noch nicht in Angriff genommen wird, weil ein Investor fehlt. Die Fernwärmeleitung sollte ausgebaut werden – auch dieses Projekt schläft in der Schublade.
Bremen ist weit davon entfernt, eine Vorzeigestadt in Sachen Klimaschutz zu werden. „Die USA sind ehrlich, wenn sie sagen, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen keinen Klimaschutz wollen“, sagt Langer. „Bremen ist unehrlich.“
Gudrun Fischer
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