Regierungskritisches Meme in China: Pikierte Herren und Honigbären
Was der chinesische Staatspräsident mit einem Zeichentrickbären zu tun hat. Und warum ihn dieser Vergleich so sehr nervt.
Winnie Puuh ist ab und zu etwas schwer von Begriff, leicht naiv, überaus rücksichtsvoll und gutmütig. Und er ist ein kleiner, dicker Knuddelbär, der keine Hosen trägt. Optische und charakteristische Attribute, mit denen Chinas Staatschef Xi Jinping ganz und gar nichts anfangen kann.
Sehr zu seinem Unmut werden Xi und Puuh immer wieder im Netz miteinander verglichen – in Memes. Jetzt hat die chinesische Zensurbehörde sogar ein Verbot des neuen Winnie-Puuh-Disneyfilm „Christopher Robin“ ausgesprochen.
Dass Xi mit dem tapsigen Bären gleichgesetzt wird, hat wahrscheinlich gar nichts mit einer äußerlichen Ähnlichkeit zu tun. Der Witz begann bereits 2013, als Xi den damaligen US-Präsidenten Barack Obama besuchte. Auf einem Pressefoto schlenderten die beiden auf eine Art und Weise nebeneinander her, die einige Fans an ein Bildvon Winnie Puuh und seinem Freund Tigger erinnerte – seitdem verbreiten sich immer wieder Memes auf sozialen Plattformen, die in China meist zügig entfernt werden. Eine Xi-Puuh-Kreation, zusammengebastelt nach einer Militärparade 2015, zählt als das meistzensierte Bild dieses Jahres.
Die Vergleiche gelten als Symbole des Widerstands und werden von der Zensurbehörde als Angriff auf die Präsidentenwürde gedeutet. Erst vergangenen Monat hatte sich der Satiriker John Oliver in seiner US-Show „Last Week Tonight“ über die Memes und Xis Pikiertheit lustig gemacht. Daraufhin war auch die Webseite des US-amerikanischen Senders HBO in China nicht mehr abrufbar. Von solchen Löschungen sind in dem Land nicht nur Winnie-Puh-Referenzen betroffen.
Auch Phrasen wie „Personenkult“ oder „mein Kaiser“, die in Zusammenhang mit Xi stehen, verschwinden. Hoffen wir also, dass sich Donald Trump kein Beispiel an seinem Amtskollegen nimmt. Das könnte nämlich zu einer Einschränkung kulinarischer Vielfalt führen: Das Gesicht des US-Präsidenten ähnelt Internetnutzern zufolge nämlich Maiskolben, Schinken – oder Sushi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!