piwik no script img

Regierungsbildung in SpanienSozialist Sánchez scheitert erneut

Das Bündnis mit den Ciudadanos erhält nicht genügend Stimmen. Die Parteien haben bis Mai Zeit, eine Koalition zu bilden. Sollte das scheitern, werden Neuwahlen fällig.

Schon am Mittwoch hatte er die nötige Mehrheit verfehlt: Sozialistenchef Pedro Sanchez. Foto: dpa

Madrid AFP | Mehr als zwei Monate nach der Parlamentswahl in Spanien ist der Sozialist Pedro Sánchez erneut beim Versuch zur Bildung einer Regierung gescheitert. Eine Regierungskoalition zwischen den Sozialisten und der Zentrumspartei Ciudadanos verfehlte am Freitag im Parlament die nötige Mehrheit. Nur 131 der 350 Abgeordneten stimmten für das Bündnis, während 219 Parlamentarier dagegen votierten. Bereits am Mittwoch hatte Sánchez die nötige Mehrheit deutlich verfehlt.

Das Bündnis wurde außer von Abgeordneten der beiden beteiligten Parteien nur von einer kleinen Regionalpartei der Kanarischen Inseln unterstützt. Die linkspopulistische Partei Podemos hatte bereits zuvor angekündigt, erneut gegen die Koalition zu stimmen. Sánchez war bereits am Mittwoch im Parlament mit dem ersten Versuch gescheitert, sich zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen.

Es ist das erste Mal seit Spaniens Rückkehr zur Demokratie 1975, dass ein Kandidat beide Vertrauensabstimmungen verliert. Die Parteien haben noch bis zum 2. Mai Zeit, sich auf eine Regierungskoalition zu einigen. Sollte dies scheitern, werden Neuwahlen fällig. Seit der Parlamentswahl am 20. Dezember wird Spanien von einer Übergangsregierung mit beschränkten Befugnissen unter Ministerpräsident Mariano Rajoy regiert.

Die Wahl im Dezember hatte keine klaren Mehrheiten ergeben. Die konservative Volkspartei (PP) von Rajoy wurde zwar erneut stärkste Kraft, verlor aber ihre absolute Mehrheit. Rajoy gelang es anschließend nicht, die Unterstützung der anderen Parteien zu gewinnen. Seine Amtszeit war gekennzeichnet von einer schleppenden Erholung der Wirtschaft und einer Reihe von Korruptionsaffären.

Keine Koalitionserfahrung

Da Rajoy den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgab, beauftragte König Felipe VI. Sánchez als Vorsitzenden der zweitstärksten Partei mit der Bildung einer Koalition. Die Sozialisten gingen aber geschwächt in die Verhandlungen, da sie bei der Wahl das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielten. Nach wochenlangen Verhandlungen gelang es Sánchez schließlich, eine Koalition mit Ciudadanos zu schmieden.

Nach seinem Scheitern in der Vertrauensabstimmung kündigte Sánchez an, weiter für eine Mehrheit zu werben. Der Podemos-Vorsitzende Pablo Iglesias habe mit seiner Weigerung, die Koalition zu unterstützen, „die Millionen von Wählern verraten, die für Wandel gestimmt hatten“, sagte Sánchez. Rajoy sprach dagegen von „Theater“, da klar gewesen sei, dass Sozialisten und Ciudadanos die nötige Mehrheit verfehlen würden.

Der Ministerpräsident äußerte bereits die Erwartung, dass am 26. Juni Neuwahlen angesetzt werden. Der Politikwissenschaftler Anton Losada sagte, Spanien habe keine Erfahrung mit Koalitionen. Das Land wurde in den vergangenen drei Jahrzehnten abwechselnd von den Sozialisten oder der Volkspartei regiert. Rajoy plädiert für eine große Koalition, doch lehnen die Sozialisten dies bislang ab.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare