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Regierungsbildung in IslandPiraten und Grüne bleiben außen vor

In Reykjavik wird ein Mitte-Rechts-Dreierbündnis regieren. Der neue Premier ist in den Skandal um die Panama-Papers verwickelt.

Muss sich kritische Fragen gefallen lassen: Islands neuer Premier Bjarni Benediktsson Foto: dpa

Stockholm taz | Piraten und Links-Grüne waren Gewinner der Parlamentswahl auf Island. Mitregieren werden sie nun trotzdem nicht. Am Dienstag gaben die konservative Selbständigkeitspartei und die rechtsliberalen Parteien Renaissance und Strahlende Zukunft die Einigung auf eine neue Koalitionsregierung bekannt. Sie hat eine Stimme Mehrheit im Parlament.

Zweieinhalb Monate hat die Suche nach einer neuen Regierung gedauert. Mehrere PolitikerInnen waren seit der Wahl von Staatspräsident Guðni Jóhannesson mit der Regierungsbildung beauftragt worden – darunter auch die Links-Grünen Vorsitzende Katrin Jakobsdóttir und Birgitta Jónsdóttir von der Piratenpartei. Beide scheiterten bei der Suche nach willigen Koalitionspartnern. Für eine Mehrheitslösung blieb daher letztendlich nur die jetzige Dreier-Konstellation übrig.

Neuer Ministerpräsident wird der bisherige Finanzminister Bjarni Benediktsson, obwohl auch er in den Skandal um die Panama-Papers verwickelt ist, die zu den vorgezogenen Wahlen geführt hatten. Benediktsson hatte nicht nur zeitweise Millionen bei Briefkastenfirmen in Steueroasen geparkt, sondern wird nun auch beschuldigt, womöglich den Ausgang der Wahlen am 29. Oktober 2016 manipuliert zu haben.

Am Sonntag hatte er in einem TV-Interview zugeben müssen, in seiner Funktion als Minister einen Bericht über den Verlust, den Islands Fiskus durch das auf Steueroasen verschobene Kapital erlitten hatte, absichtlich nicht mehr vor dieser Wahl veröffentlicht zu haben. Auf den Tisch hatte er diesen schon Anfang Oktober bekommen, ihn dann aber in der Schublade verschwinden lassen.

Auf umgerechnet 23 bis 54 Millionen Euro wird in dem Bericht der Schaden durch solche Steuerflucht geschätzt. Die Piraten beschuldigen Benediktsson nun der Lüge, kündigen ein Misstrauensvotum an und Birgitta Jónsdóttir empört sich: „Zu behaupten, es hätte die Wähler nicht beeindrucken können, schwarz auf weiß zu sehen, welche Gelder da vorbeigeschleust wurden, ist wirklich absurd.“

Premier Bjarni Benediktsson hatte zeitweise Millionen bei Briefkastenfirmen gebunkert

Renaissance und Strahlende Zukunft wollten aber trotz interner Kritik die schon ausgehandelte Koalition nicht mehr platzen lassen. Beide sind Abspaltungen der in der vergangenen Legislaturperiode regierenden Selbständigkeits- und Fortschrittspartei, die ihre Parteien vorwiegend wegen der Anti-EU-Linie verlassen hatten. Im Koalitionsprogramm wurde ihnen nun die Möglichkeit eröffnet, eine neue EU-Volksabstimmung zu initiieren. Damit steht aber auch das Thema einer isländischen EU-Mitgliedschaft wieder auf der Tagesordnung.

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