Regierungsbildung in Griechenland: Drei Kandidaten für Athen
Der Favorit auf den Chefposten der Übergansregierung, EZB-Vizepräsident Papademos, scheint gescheitert. Trotzdem ist in Griechenland eine neue Regierung in Sicht.
ATHEN/BRÜSSEL dpa//afp/rtr | Wer die Nachfolge des griechischen Regierungschefs Giorgos Papandreou antritt, ist weiter unklar. Im Gespräch waren zuletzt der bisherige Vertreter Griechenlands beim Internationalen Währungsfonds (IWF), Panagiotis Roumeliotis, der EU-Bürgerbeauftragte Nikiforos Diamantouros und der ehemalige griechische Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Lucas Papademos.
Papademos hatte in den vergangenen Tagen als Favorit gegolten. "Wir hoffen, heute eine neue Regierung zu haben", sagte ein Funktionär der Konservativen der dpa am Dienstagmorgen.
Ein Zeichen, dass die beiden großen griechischen Parteien kurz vor einer Einigung stehen, ist die angekündigte Sitzung des Interims-Ministerrates am Dienstag. Dann soll nach Informationen der griechischen Presse Papandreou zurücktreten und den Weg für die Bildung einer neuen, breiter aufgestellten Regierung freimachen.
Zunächst lief alles auf Papademos als Chef der Übergangsregierung hinaus. Später hieß es allerdings, seine Kandidatur könnte gescheitert sein, weil er weitreichende Befugnisse gefordert und eine reine Expertenregierung abgelehnt habe.
Am Sonntag hatten sich die beiden Spitzenpolitiker des Landes, der noch amtierende Sozialist Papandreou und der Konservative Antonis Samaras, unter Vermittlung des Staatspräsidenten Karolos Papoulias darauf geeinigt, eine Übergangsregierung zu bilden, die das Hilfsprogramm für Griechenland unter Dach und Fach bringen soll. Am Montag hatten daraufhin intensive Unterredungen begonnen.
Geld gibt's nur gegen schriftliche Verpflichtung
Unterdessen haben die Euro-Länder von der neuen großen Koalitionsregierung Griechenlands eine schriftliche Verpflichtung zum vereinbarten Spar- und Reformprogramm gefordert. Erst nach Abgabe einer entsprechenden Erklärung durch die beiden großen Parteien gäben die Euro-Länder die Auszahlung der nächsten Kredittranche frei, erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Montag nach dem Treffen der Finanzminister in Brüssel.
Juncker kritisierte, dass die Opposition in Athen die nötigen Sparmaßnahmen lange blockiert habe. "Es ist schrecklich, schrecklich schwer, deutschen, niederländischen, belgischen, österreichischen und luxemburgischen Bürgern zu erklären, dass wir Solidarität zeigen müssen, wenn in Griechenland selbst kein Wille da ist, einen nationalen Konsens zu schaffen", bemängelte Juncker.
EU-Währungskommissar Olli Rehn ergänzte, die sechste Tranche über acht Milliarden Euro könne dann voraussichtlich im Lauf des November freigegeben werden. Griechenland müsse jetzt das Vertrauen wieder aufbauen, das es durch das zunächst angekündigte und dann abgeblasene Referendum über das Rettungspaket verloren habe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Hamburg und die Kühne-Oper
Als das Wünschen noch geholfen hat