Regierung startet zweites Konjunkturprogramm: 40 Milliarden Euro gegen Rezession
Die Bundesregierung will die Mittel zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise nun offenbar verfünffachen. Derweil schicken Firmen wie ThyssenKrupp Mitarbeiter in Kurzarbeit.
Mit Infrastrukturinvestitionen in Milliardenhöhe will die Bundesregierung die Rezession bekämpfen. Schwerpunkte eines zweiten Konjunkturpakets seien etwa Schulen, Straßen und Internetbreitbandnetze, so Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Meldungen, nach denen rund 40 Milliarden Euro fließen sollen, wollte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag aber nicht direkt bestätigen.
Das erste, Anfang Dezember beschlossene Konjunkturpaket hatte ein Volumen von rund zehn Milliarden Euro. Details des neuen Investitionsprogramms würden wie geplant erst im Januar entschieden, sagte Merkels Sprecher. Mit der Konjunkturspritze kommt die Kanzlerin Ökonomen und Gewerkschaftern entgegen, die seit Wochen verstärkte Anstrengungen gegen die Rezession anmahnen und Merkel Untätigkeit vorwerfen. Mit Investitionen von 50 Milliarden Euro könne die Wirtschaft so belebt werden, dass 2009 statt eines Einbruchs von 1,8 Prozent sogar ein Wachstum von einem Prozent denkbar sei, sagt etwa der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn.
Merkel betonte, sie wolle die alten Bundesländer nicht bevorzugen. Gegenüber dem Magazin Cicero hatte die Kanzlerin zuvor "einen Nachholbedarf in der alten Bundesrepublik" ausgemacht. "Es ist kein Programm, das den Osten bevorzugt", sagte die Kanzlerin.
Das CSU-geführte Bundeswirtschaftsministerium warnte, das Bruttosozialprodukt werde im vierten Quartal weiter schrumpfen. Bereits von Juli bis September war die Wirtschaftsleistung um ein halbes Prozent gesunken. Das produzierende Gewerbe ist im Oktober um 2,1, der Bau sogar um drei Prozent geschrumpft. Immer mehr Firmen schicken ihre Beschäftigten deshalb in Kurzarbeit: So bereitet sich der Stahlkonzern ThyssenKrupp darauf vor, seine Produktion wegen der Flaute in der Autoindustrie bis September herunterzufahren. Treffen dürfte es 20.000 der 41.000 Beschäftigten, bestätigte ein Sprecher von ThyssenKrupp Steel in Duisburg. Betriebsratschef Willi Segerath sagte, für die Stahlarbeiter bedeute dies Nettogehaltsverluste von sieben bis zehn Prozent.
Kurzarbeit melden auch der Stuttgarter Autohersteller Daimler sowie die Zulieferer Bosch und Continental an. Der Leverkusener Chemiekonzern Lanxess prüft noch. Auch der Chiphersteller Infineon, dessen sächsische Tochter Qimonda ums Überleben kämpft, schickt seine Beschäftigten ab 1. Januar nach Hause. Insgesamt wurde im November für 165.000 Arbeitnehmer Kurzarbeit beantragt, im Oktober waren es nur 57.000. Merkel betont, Kurzarbeit sei 18 Monate lang möglich - Massenentlassungen will sie verhindern.
Unterstützung bekommt die Kanzlerin dabei von den Gewerkschaften: "Keine Entlassungen 2009, dass steht im Zentrum allen Handelns der IG Metall. Kurzarbeit ist ein dafür zentrales Instrument", sagt etwa der Bezirksleiter der nordrhein-westfälischen IG Metall, Oliver Burkhard. Ins Visier nehmen die Arbeitnehmervertreter dagegen die Leiharbeit: "Gestern waren wir das Jobwunder. Heute werden wir arbeitslos", ließen sie am Mittwochabend meterhoch auf Merkels Kanzleramt projizieren. Leiharbeit sei, so kritisiert IG-Metall-Vize Detlev Wetzel, "eine Rutsche in die Arbeitslosigkeit".
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