Regierung befürchtet Unruhen: Der Grieche spart und spart
Um den Rausschmiss aus der Eurozone zu vermeiden, hat die griechische Regierung weitere Millardenkürzungen beschlossen. Das könnte eine neue Protestwelle nach sich ziehen.
ATHEN dpa/rtr/taz Die Griechen müssen sich auf weitere extreme Sparmaßnahmen der Regierung einstellen. Seit Donnerstag verhandelt Finanzminister Ioannis Stournaras wieder mit den Experten der Troika, also EU, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF). Gewähren sie Griechenland keine weiteren Milliardenkredite, ist das Land spätestens im September pleite.
Unter diesem Druck einigte sich die Koalitionsregierung in Athen, 11,5 Milliarden Euro zu sparen, wie sie es bereits im Rahmen des letzten Hilfspakets zugesagt hatte. Noch allerdings hat die Troika kein grünes Licht für neue Milliarden gegeben. Erst im September erscheint ihr Bericht über die Lage im Land und den Stand der Sparanstrengungen. Davon hängt ab, ob die nächste Tranche an Hilfskrediten von insgesamt 30 Milliarden Euro gewährt wird.
Die Einigung ist offensichtlich erst nach einer dramatischen Sitzung geglückt. Der konservative Regierungschef Antonis Samaras habe die Vorsitzenden der mit ihm regierenden Sozialisten und der Demokratischen Linken mit den Worten bedrängt: „Es ist die letzte Chance. Leiten wir keine zusätzlichen Sparmaßnahmen ein, werden wir aus dem Euroland scheiden.“
Beide Parteien befürchten neue Massendemonstrationen und soziale Unruhen, wenn Löhnen und Renten weiter gekappt werden. Die Geldgeber der Troika blockieren bislang zugesagte Hilfsgelder, weil Athen nach Ansicht der Experten nicht wie versprochen spart und angekündigte Reform nicht durchsetzt. „Jetzt kommt die (neue) Rechnung“, kommentierte die Athener Zeitung der politischen Mitte Ta Nea die Verhandlungen. „Renten, Löhne und das Sozialsystem wieder im Visier der Experten“, schreibt Ta Nea.
Ein klares Zeichen
Die EU-Kommission begrüßte die angekündigten Reformen der Griechen. Diese sei „ein klares Zeichen der Entschlossenheit der griechischen Regierung, die so dringend benötige Reform der griechischen Wirtschaft voranzubringen“. Nun komme es darauf an, alle Reformzusagen auch konsequent umzusetzen.
Der Chef der mitregierenden Sozialisten, Evangelos Venizelos, fordert weiterhin, Griechenland mehr Zeit zum Sparen zu geben.Trotzdem hat er dem neuen Paket zugestimmt, um das Scheitern der erst seit sechs Wochen bestehenden Koalitionsregierung und damit Neuwahlen zu verhindern. Allerdings sollten die Kürzungen keine „unfairen, flächendeckenden Maßnahmen“ beinhalten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin