Regenwald in Brasilien: Baustopp für Megastaudamm
Ein Richter kassiert die Genehmigung für das weltweit drittgrößte Wasserkraftwerk Belo Monte. Es fehlten Programme zum Schutz der indigenen Bevölkerung.
BERLIN taz | Die Urwaldriesen an der Baustelle des gigantischen Staudamms Belo Monte im brasilianischen Amazonasbecken bleiben vorerst stehen: Ein Bundesrichter in der Stadt Belém im Bundesstaat Pará setzte nun die Teilgenehmigung der Umweltbehörde Ibama für das Projekt am Fluss Xingu außer Kraft – mit sofortiger Wirkung.
Für das weltweit drittgrößte Wasserkraftwerk sollen nicht nur Bäume gerodet, sondern auch mehr als 500 Quadratkilometer Land überflutet werden. Das ist eine Fläche, größer als das deutsche Bundesland Bremen. Dabei ist der tropische Regenwald Amazoniens der größte der Welt.
Wird er abgeholzt, entstehen riesige Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid, der Wald kann nicht mehr seine Kühlfunktion für das Klima erfüllen, und eine einzigartige Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren geht verloren. Nach Angaben der künftigen Staudammbetreiber müssen zudem mindestens 17.000 Menschen für den Bau umgesiedelt werden. Gegner des Projekts schätzen die Zahl sogar auf 20.000 bis 50.000. Viele Indigene würden ihre Lebensraum verlieren.
Umso schwerer wiegt in den Augen des Bundesrichters Ronaldo Desterro, dass das Baukonsortium Nesa noch nicht einmal die von Umweltschützern als zu lax kritisierten Auflagen der Behörden erfüllt hat. So habe das Unternehmen unter anderem weder Programme zur Unterstützung der Ureinwohner gestartet noch Maßnahmen ergriffen, um die Schiffbarkeit der Flüsse in der Region zu garantieren.
Dennoch hatte die Umweltbehörde Ibama im Januar erlaubt, für die Bauvorbereitung 240 Hektar Wald zu roden. "Die von der Ibama erteilte Genehmigung ist illegal, weil Vorbedingungen nicht erfüllt wurden, die die Behörde selbst gestellt hat", teilte das Gericht am Freitagabend mit. Deshalb verbot es auch der staatlichen Entwicklungsbank BNDES, das etwa 9 Milliarden Euro teure Projekt zu finanzieren.
Damit ist das Vorhaben aber noch lange nicht gestorben. Das Gericht erklärte nämlich weiter, dass der Baustopp nur gelte, bis gerichtlich über Einsprüche gegen das Projekt entschieden wurde. Auch wenn das Konsortium nachweist, dass es die Auflagen erfüllt hat, könne es die Arbeiten fortsetzen. Von Nesa lag zunächst keine Stellungnahme vor.
Massive Unterstützung bekommt das Unternehmen von der linken Regierung unter Präsidentin Dilma Rousseff. Sie hält das Kraftwerk mit einer Leistung von 11.000 Megawatt für notwendig, um die schnell wachsende Wirtschaft Brasiliens ab 2015 mit Energie zu versorgen.
Die Umweltstiftung WWF und Projektgegner wie der US-Regisseur James Cameron ("Avatar"), der britische Popsänger Sting und der brasilianische Bischof Erwin Kräutler dagegen fordern das Land auf, mehr in die Energieeffizienz zu investieren. Dadurch könne Brasilien seinen Energiebedarf um 40 Prozent reduzieren, rechnet der WWF in einer Studie vor. So wäre der Staudamm trotz Wirtschaftswachstum unnötig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen