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Regeln für WaffenhandelAlle Rüstungsexporte stoppen?

Deutschland verdient gut am Waffenhandel in andere Länder. Doch selbst legale Geschäfte laufen nicht immer wie gewünscht ab. Kritiker fordern scharfe Beschränkungen.

Non-Violence! Bild: Imago/Bernd Friedel

BERLIN taz | Zum ersten Mal beraten die Vereinten Nationen seit Anfang der Woche in New York, wie der internationale Waffenhandel besser kontrolliert und begrenzt werden kann. Denn weltweit fließen jährlich rund 1,6 Billionen US-Dollar in den Waffenhandel, die Branche scheint kaum noch kontrollierbar. Für Deutschland als einen der weltweit größten Waffenexporteure ist das eine spannende Frage. Zwar hat sich Deutschland schon 1997 verpflichtet, keine Waffen in Länder zu liefern, in denen diese entgegen der Menschenrechte eingesetzt werden könnten. Es passiert dennoch.

Die Initiative „Aktion Aufschrei - stoppt den Waffenhandel“ fordert, deutsche Waffenexporte ins Ausland generell zu verbieten. Konkret will sie, dass der betreffende Grundgesetzartikel geändert wird.

Doch diese Forderung halten andere Kritiker von Waffenexporten für unrealistisch und naiv. Die Rüstungsindustrie ist groß und hat eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, nicht nur wegen der knapp 80.000 Arbeitsplätze. Die rot-grüne Bundesregierung versuchte deshalb 2000, den Problemen mit dem boomenden Waffenhandel mit neuen Regeln, den „Politischen Grundsätzen für den Export für Kriegswaffen“zu begegnen. So sollte etwa durch Rüstungsexportberichte der Bundesregierung mehr Transparenz in den Waffenhandel kommen.

Das Ziel, den Rüstungshandel durch strenge Regeln einzugrenzen, ist jedoch gescheitert. Stand Deutschland 2000 noch auf Platz fünf der Liste internationaler Exporteure, findet es sich mittlerweile auf Platz drei wieder - gleich hinter den USA und Russland. Die deutsche Rüstugsindustrie produziert zu 70 Prozent für den Export. 2010 gingen Produkte im Wert von 2,1 Milliarden Euro ins Ausland, hauptsächlich nach Griechenland, Portugal, Singapur oder Pakistan.

Sonntaz

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Waffen in den falschen Händen

Manchmal landen deutsche Exportschlager wie Maschinengewehre, Panzer oder Kampfjets aus den Hallen der großen Konzerne wie Heckler und Koch oder Krauss-Maffei Wegmann jedoch auch in Händen, die sie eigentlich nie erreichen sollten: Im August vergangenen Jahres fanden libysche Rebellen in Lagern des Ex-Präsident Muammar al-Gaddafi Sturmgewehre aus dem Hause Heckler und Koch, die offenbar aus einer legalen Lieferung an Ägypten aus dem Jahr 2003 stammten. Gaddafis Einsatz der Waffen gegen sein Volk liegt da nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums nicht mehr in deutscher Verantwortung. Man habe dem Weiterexport nach Libyen schließlich nie zugestimmt.

Was meinen Sie: Sollte Deutschland seinen Rüstungshandel in alle Länder stoppen?

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15 Kommentare

 / 
  • K
    Karl

    Haben die "Kritiker sich denn nun endlich überlegt, wo genau Waffenexport anfängt?

     

    Wirklich erst beim fertigen Kampfmittel?

     

    Oder hat mal jemand überlegt was alles dazugehört?

     

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • V
    vic

    Ein klares JA! zum Stopp von Waffenexporten, auch wenn das Wunschdenken bleiben wird.

  • I
    ion

    Was für eine 'streit'-frage!

    Oder doch denkbar? Alles klar, vielleicht so:

    Angie-D wacht eines morgens auf, verbietet sämtliche waffenproduktionen innerhalb der grenzen Ds (auch religiös u./o. minder-iq bedingte), die deutschen 'premium'-waffenfirmen packen samt unverzichtbarer 'top'-entwicklungsingenieure ihre sieben sachen und ziehen mit kind & kegel auf die griechische halbinsel (alternativ nach: china, indien, brasilien, nordpolarkappe), um dort fleißig und gewissenhaft auf hohem niveau mit autochthonen u./o. lehrlingen aus 'dritte-welt'-ländern weiter zu bosseln und ausnahmsweise auch alle steuern (abzüglich der aufwendungen für bestechungsgelder) zu zahlen, wodurch – im falle griechenlands als neuem produktionsstandort – die papa- & mama-populous endlich in lohn & brot kommen und ihre wiegen-demokratisch gewählten führer auch den ersten selbstfinanzierbaren staatshaushalt und neo-selbstbedienungsladen auf die beine stellen können und der unlimitierte export von ex-D-superböllern aller art (auch in frischen sonderlackierungen lieferbar) an jeden (auch ausserplanetarische lieferung möglich) boomt.

    Synchron verbietet D-Angie darüberhinaus auch gleich noch jeglichen waffen-import oder -handel innerhalb Ds; die bundeswehr wird durch christie’s meistbietend versteigert (vermutlich schlägt durch anonymen telefonbieter die türkei oder doch palästina(?) (durch geheimen geldgeber finanziert) zu) und D wird durch eine hinreichend dimensionierte myzel-atombombe™ 'gesichert', die im falle eines kriegerischen angriffs die gesamte bundesrepublik exakt in den derzeit bekannten ländergrenzen restlos von der landkarte auslöschte; als begleitende massnahme wird (gegen empfangsbestätigung) jedem staat auf diesem planeten (ausser vatikan) ein dossier zugestellt, das die entscheidungsgründe Ds’ zu dieser 'revolutionären' zäsur durch führende (achtung:) deutsche geisteswissenschaftler (sämtlichst mitglieder der vg-wort, abteilung: dichter & denker) erläuternd darlegt und im epilog noch darauf hinweist, dass es fürderhin ebenso verboten wie sinnlos sei, D in kriegerische konflikte zu verwickeln oder gar direkt anzugreifen, weil .... .

    Ein jahr nach realisation finanziert griechenland die gesamte EU.

  • L
    Lächerlich

    Lieferungen an Gaddafi sind schlecht, aber an die Saudis ist okay.

     

    Steinigung im Iran schlimm, bei den Saudis gut.

     

    Ich verstehe die etblierten Wähler nicht.

     

    Bitte erklären!

  • K
    Karl

    Ihr Pfeifen!

     

    Wo genau beginnt "Rüstungsexport"?

     

    Allein der Gedanke an "dual-use" Güter, Gundstoffe, Fertigungstechniken usw zeigt, dass es sich um eine Phantomdebatte handelt.

     

    Typische Macke für Freunde "weicher" Wissenschafften!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • G
    goerd

    @ uwe roos

     

    " Nur weiss man nie so recht, ob die geäußerte Meinung tumb-trivial ehrlich ist, oder nur eine Provokation."

     

    da gabs hoffnung.

     

     

    "Im Kontext mit der Maxime "Survival of the Fittest" gesehen, ergibt das für Menschen wie den Kommentator "goerd" reichlich Sinn in Ihrer kindlichen schwarz-weiß-Welt."

     

    da wars zu spät. beinah hättense mich gehbat.

  • T
    Thomas

    Da ich in der Rüstungsindustrie arbeite muss ich ganz klar sagen: Nein!

  • UR
    Uwe Roos

    An @ von goerd:

     

    Finde es immer wieder erfrischend in diesem Rahmen,

    wenn die Redaktion auch obskure und herrlich vereinfachende Reaktionen zulässt. Nur weiss man nie so recht, ob die geäußerte Meinung tumb-trivial ehrlich ist, oder nur eine Provokation.

    Tja, das mit den minderwertigen Waffen ist so eine Sache. Aber nicht mit uns Deutschen. Da wird qualitativ mit dem Siegel "Made in Germany" gemordet. Das bürgt für Qualität und "verteidigt den guten Ruf". Im Kontext mit der Maxime "Survival of the Fittest" gesehen, ergibt das für Menschen wie den Kommentator "goerd" reichlich Sinn in Ihrer kindlichen schwarz-weiß-Welt. Wer sagte noch "Die Dummen sterben nie aus"? Komme im Moment nicht drauf.

    Aber egal, der Satz ist universell und zeitlos mit ewigem Haltbarkeitsdatum.

  • UR
    Uwe Roos

    Rüstungsexeporte zu stoppen oder gar zu verbieten, ist ethisch und moralisch ein humanes Gebot, aber letztenendes nicht mehr als ein frommer Wunsch im Hinblick auf eine geläuterte Menschheit und einen erstrebenswerten Futurismus. Aber im Hier und Heute spricht die Realität eine andere Sprache. Solange große Teile der Menschheit ihre politischen, wirtschaftlichen, ethnisch-kulturellen und religiösen Konflikte nur mit Waffengewalt ausfechten; und Gewalt und Terror als legitimes weil einziges Mittel verstehen, wird es Rüstungsgüter, Produzenten und Abnehmer geben. Deutschland ist mittlerweile ein Global Player auf diesem rasant wachsenden Markt. Da sind Forderungen nach Beschränkungen und (öffentlichen) Kontrollen bloß Politikersprech und öffentliche Beruhigung. Zumal der ordinäre Wähler dieses Thema wenn überhaupt nur marginal tangiert. Und dann auch nur, wenn es im Kontext von Wirtschaftswachstum, Wohlstand und zu sichernden Arbeitsplätzen plaziert wird.

  • TE
    Thomas Ebert

    Waffen und Moral sind sich gegenseitig ausschließende Kategorien. Wie werden Waffen im Einklang mit den Menschenrechten eingesetzt? Kann Waffeneinsatz jemals mit Menschenrechten im Einklang stehen? Ist ein "demokratisch legitimiert Erschossener" ein besserer Toter? Also bitte nicht MORAL und WAFFEN miteinander vermengen. Einen einzigen Wunsch hätte ich noch an unsere Bundesregierung : Bitte jeden Waffenbesteller eine Verzichtserklärung auf Entwicklungshilfe und andere Zuwendungen unterschreiben lassen!

  • DM
    deine mutti

    Irgendwie absurd, dass sich eine angeblich linke zeitung diese frage überhaupt stellt... NATÜRLICH sollte dutschland aufhören, waffen zu produzieren und zu verkaufen. In diesen fabriken wurden auch früher schon andere dinge hergestellt (z.b. nähmaschinen) und es ist doch kein argument etwas zu bauen, nur um arbeitsplätze zu behalten. Generell sollten imho nur dinge produziert werden die NÖTIG sind und keine mordmaschinen!

  • YJ
    Yves Jandek

    Der Waffenhandel ist für uns in jeder Hinsicht lukrativ. Die deutsche Wirtschaft ist stark und 80.000 Menschen haben einen sicheren Job. Das sind die Fakten. Fakt ist aber auch, dass die Waffen ohne uns aus Russland oder den USA stammen würden.

    Die Frage ist nun: Wie reagieren wir auf diese Fakten?

    Der entscheidende Punkt in diesem Dilemma ist das Bild, welches wir als Gesellschaft geben wollen. Ist der deutsche Wohlstand es Wert, ihn mit Waffen zu erkaufen, auch wenn wir diese nicht selbst halten?

    Die ideale Lösung wäre eine Volksabstimmung. Entscheiden wir uns als Gesellschaft dagegen, so müssten sich die Konzerne diesem Urteil beugen. Mann könnte dann die Ausfuhrmengen Jahr für Jahr weiter beschränken. Bis dahin helfen nur immer strengere, öffentliche Kontrollen und Regelungen. Auch auf Kosten der Wirtschaft.

    Nur über eines müssen wir uns klar sein: Die Welt verändern, werden wir mit einem Exportstopp für Waffen nicht. Es geht hier einzig und allein um unsere moralische Basis als Gesellschaft und was der Wohlstand uns Wert ist. Es wäre ein Präzedenzfall!

  • G
    goerd

    Ich plädiere dafür, dass jeder Staat die Möglichkeit erhält in Deutschland Waffen zu erwerben. Gerade heckler&koch sowie rheinmetall stellen hervorragende Produkte her, die niemandem vorenthalten werden sollten. Dies sichert Arbeitsplätze, trägt dazu bei, dass Deutschland im waffentechnischen Bereich seinen guten Ruf verteidigt und sorg dafür, dass kein Staat mehr auf minderwertigere Waffen, z.B. aus Russland, angewiesen ist. Ethische Bedenken in diesem Punkt haben nur die Schwachen, die nicht einsehen, dass sich auf dieser Welt nur der Starke durchsetzt. Also bitte, keine Aufregung, sondern unser Waffenprtfolio öffnen und die anderen kräftig reinlangen lassen.

  • R
    Rudi

    Irgendwie heuchlerisch wenn auf Gewehre für Gaddafi hingewiesenwird, aber die israelischen Atom-Uboote wieder nicht mal ne Erwähnung wert sind.

  • M
    Musikant

    Ich möchte in dem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, dass die Lebenslaute (http://www.lebenslaute.net/) am 3. September eine große musikalische Aktion vor den Toren von Heckler und Koch planen um auf das generelle Unrecht von Waffenexporten aufmerksam zu machen.