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■ Nebensachen aus NairobiRegelmäßige Unregelmäßigkeiten

In der kenianischen Hauptstadt Nairobi gibt es drei große Unregelmäßigkeiten. Die allerdings kommen regelmäßig und wollen sorgfältig studiert und bewältigt werden: Wasser, Strom und Telefon.

Warmes Wasser kommt nur, wenn der Wachmann gut geschlafen hat und morgens den Tank füllt, der Boiler nicht gerade für vier Wochen ausgetauscht wird und die Pumpe auf dem Hof nicht gerade zur Reparatur ist. Kaltes Wasser, das durch Abkochen trinkbar wird, kommt meistens am Morgen. Dafür ist jedoch die Stadtverwaltung zur Verantwortung zu ziehen.

Elektrischer Strom ist nur unregelmäßig nicht da. Dieses Widernis ist mir, weil die Elektrizität nur von Wind, Regen und anderen regelmäßig auftauchenden Unregelmäßigkeiten überhaupt beeinflußt werden kann, noch das liebste der drei.

Aber wenn, zusammen mit einem verhaßten Piepton, auf der Anzeige meines Telefons „Telefonleitung?“ aufblinkt, ist es der Unregelmäßigkeiten oft etwas viel. Zuerst jedoch – in der Unregelmäßigkeit steckt ja oft wiederum der Teufel der Regelmäßigkeit – gilt es, ruhig Blut zu bewahren.

Die Leitung könnte nach ein paar Minuten oder erst nach einigen Stunden wieder kommen, und man hätte sich dann völlig umsonst aufgeregt. Außerdem gilt es, sparsam mit den eigenen Kräften zu haushalten.

Also gemach. Noch ist es nicht Zeit, auf die Technik zu schimpfen und die Männer am Verteilerkasten zu verfluchen. Die Post könnte einen auch schlicht abgeklemmt haben, weil man die Rechnung nicht bezahlt hat, die man nie bekommen hat oder deren Frist bei Erhalt schon längst abgelaufen war.

Oder: Die Post könnte einem Übles wollen, weil man mit ihr seit vier Monaten über halbstündige Gespräche in die USA im Wert von 700 Mark im Clinch liegt, die man gar nicht gemacht hat.

Ein Anruf würde die Frage klären. Doch es schadet ohnehin nicht, der zuvorkommenden Frau in der Postzentrale die Aufwartung zu machen, die nach meinen Andeutungen über eine kleine Zuwendung die 700 Mark von meiner Rechnung tilgen wird.

Und nun ist genau der richtige Zeitpunkt gekommen, zum Verteilerkasten zu stürmen. Trifft man niemanden an, gilt es, sich in die Höhle der Unregelmäßigkeiten zu begeben, eine Spelunke in einem Bretterverhau, wo die Telefontechniker zu finden sind.

Laut werden hilft, Ungeduld ist aber unangebracht. Sie könnte den Preis heben. Mit einer inneren Freude notiert sich der Techniker die Telefonnummer und wartet. Stimmt der Preis, stöpselt er – unbewegt von den Fragen, woran die Störung denn nun wieder lag – einfach ein paar Kabel um. Und fertig.

Das letzte Mal waren die Techniker jedoch um Antworten verlegen. Es hatte nicht geregnet und nicht geblitzt. Die Leitung von der Post zum Verteilerkasten war überprüft worden. Das Telefon des Nachbarn funktionierte. Nun, eröffneten mir die Techniker, lag es am Kabel vom Verteilerkasten zum Haus. Es wurde repariert, und die Leitung vom Dach zur Wohnung, die der eine Arbeiter am Vormittag schon geprüft und für o.k. befunden hatte, gleich dazu.

Ich versprach eine Gebühr, und unregelmäßig, wie ich mittlerweile selbst geworden war, zahlte ich nicht. Natürlich muß ich nun mit einer unregelmäßigen Antwort rechnen. Aber die kommen ja sowieso (un-)regelmäßig. Peter Böhm

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