Reform im Entwicklungswesen: Niebel und Bonn feiern sich
Bundesminister Dirk Niebel feiert die Fusion verschiedener Entwicklungsorganisationen. Doch nicht nur Niebel feiert, auch Bonn. Die Stadt wird Hauptstandort.
BERLIN taz | Die Euphorie über den unterschriebenen Fusionsvertrag der Entwicklungsorganisationen kennt derzeit bei der Führung des Entwicklungsministeriums (BMZ) kaum Grenzen. In einem internen Schreiben an die Mitarbeiter feiert Entwicklungsstaatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz die Gründung der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) als "Unsere neue Welt-Entwicklungs-Organisation" und kündigt weitere Veränderungen an.
Doch nicht im Berliner Ministerium wird gefeiert - auch die Stadt Bonn ist eine Gewinnerin der Fusion zwischen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ, Sitz in Eschborn/Hessen), Deutschem Entwicklungsdienst (DED, Sitz in Bonn) und der Weiterbildungsagentur Inwent (Bonn) zur GIZ. Bonn wird nicht nur Hauptsitz der Gesellschaft: Auch das GIZ-Innovationszentrum soll in Bonn angesiedelt werden - dort sollen neue politische Themen entwickelt werden.
Dies geht aus einer internen Vorlage aus dem BMZ hervor, die der taz vorliegt. Sie wurde im Haus auch als Argumentationshilfe für die Bonner Bundestagsabgeordneten verwendet, die für die ehemalige Bundeshauptstadt am Rhein einen Bedeutungsverlust nach der Reform befürchtet hatten. Aus dem Papier geht hervor, dass das neue unabhängige Evaluierungsinstitut für die Entwicklungsprojekte ebenso den Sitz in Bonn haben wird.
Dem Institut kommt eine zentrale Bedeutung zu, da in der Vergangenheit die Organisationen ihre Projekte selber bewertet haben - eine oft kritisierte Praxis. Schließlich soll die neue Servicestelle für bürgerschaftliches Engagement nach Bonn kommen.
"Das ist ein faires Ergebnis", freut sich der Bonner SPD-Fraktionsvize im Bundestag Ulrich Kelber - der aber auch die Eschborner Mitarbeiter beruhigt. "Die wenigsten werden umziehen müssen", sagte Kelber der taz, "Eschborn wird gegenüber Bonn das, was Bonn für Berlin ist".
Im Ministerium denkt Staatssekretär Beerfeltz unterdessen schon an die nächsten Schritte - einen Personalaufbau im Ministerium. Damit will er die politische Steuerung der Entwicklungshilfe wieder ins Ministerium holen und verhindern, dass die neue GIZ mit fast 19.000 Mitarbeitern zu mächtig wird. "Ich halte […] an dem Ziel, die Stellenzahl des Ministeriums um 210 Stellen zu erhöhen, unvermindert fest", schreibt Beerfeltz.
"Den finanziellen Spielraum für eine notwendige personelle Stärkung erwirtschaften wir durch die laufende Reform." Dies lasse mittelfristig "den Abbau einiger hundert Stellen in der Durchführung" zu, so Beerfeltz.
Niebel war wegen der Organisationsfusion in die Kritik geraten, weil die GIZ-Spitze aufgebläht und nur mit Männern besetzt wurde.
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