Deutsche Entwicklungshilfe: NGOs fühlen sich erpresst

Das Ministerium will neue Gelder nur an solche NGOs vergeben, die in Afghanistan mit der Bundeswehr zusammenarbeiten. Die Organisationen sprechen von Nötigung und wollen sich weigern.

Dirk Niebel auf Besuch in Afghanistan im Juni des Jahres. Bild: dpa

BERLIN taz | Erst war es ein Grummeln, jetzt ist es ein lauter Schrei: Pünktlich zur internationalen Afghanistankonferenz in Kabul am Dienstag greifen deutsche Entwicklungshilfeorganisationen die Bundesregierung an. Weil das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) neue Hilfsgelder nur vergeben will, wenn die deutschen Hilfsorganisationen in Afghanistan mit der Bundeswehr kooperieren, wollen sich viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) der Zusammenarbeit verweigern.

Zum Widerstand bläst der entwicklungspolitische Dachverband Venro, der 118 Entwicklungshilfeorganisationen in Deutschland vertritt. Deren Vorstandsmitglied Jürgen Lieser sagte der taz: "Ob man das, was das Entwicklungsministerium plant, Erpressung oder Nötigung nennt, ist egal. Fakt ist: Wir sollen gezwungen werden, nach Regeln zu arbeiten, die dem Selbstverständnis der Entwicklungshilfe völlig entgegenstehen."

Hintergrund ist ein Streit, der bereits seit langem schwelt: Seit dem Amtsantritt von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sind die NGOs verstört. Sie werfen Niebel politischen Analphabetismus vor. Denn Niebel verlangt von geförderten NGOs in Afghanistan, dass sie dort mit der Bundeswehr kooperieren - für friedenspolitische NGOs ein Unding, das ihren Ruf gefährdet.

Für Aufregung sorgen nun zehn Millionen Euro, die das BMZ zusätzlich an NGOs in Afghanistan verteilen will - erstmals unter der Voraussetzung, dort mit dem Militär zu kooperieren.

Venro und große Organisationen wie die Caritas kündigen nun an, diese Gelder nicht in Anspruch zu nehmen. Sie wollen so das BMZ unter Druck setzen, von seiner Politik abzulassen. Lieser sagte: "Das BMZ wird Schwierigkeiten haben, die Gelder überhaupt loszuwerden." Eine andere Variante wäre, dass opportunistischere Kleinorganisationen die Gelder einstreichen. Das Niebel-Ministerium reagierte gelassen. Ein Sprecher sagte, es lägen bereits ein Dutzend Förderanträge vor. "Es gibt ja für niemanden einen Zwang, diese Gelder zu beantragen."

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