Referententätigkeit endet auf dem Flughafen

Erneut wird ein Jungsozialist aus Weißrussland ausgewiesen. Auswärtiges Amt bestellt Minsker Botschafter ein

BERLIN taz ■ Jungsozialisten sollten dieser Tage Weißrussland besser meiden – außer sie interessieren sich ausschließlich für das Flughafengebäude der Hauptstadt Minsk. Auch Stefan Kämmerling musste am vergangenen Freitag nach dreistündigem Aufenthalt im Sicherheitsbereich des Flughafens unverrichteter Dinge sofort den Rückflug nach Wien antreten. Mit gültigem Einreisevisum ausgestattet, hatte der Juso aus Nordrhein-Westfalen als Referent an einer von Berlin geförderten Seminarreihe mit weißrussischen Jugendlichen zum Thema „Die Beteiligung Jugendlicher an öffentlichen Prozessen“ teilnehmen sollen. Noch kurz zuvor hatte die weißrussische Regierung der deutschen Botschaft in Minsk gegenüber grünes Licht für diese Veranstaltungen gegeben.

Dieser Fall ist nicht der erste seiner Art. Bereits am 16. August hatte den Jungsozialisten Jan Busch das gleiche Schicksal ereilt. Unter dem Vorwurf, Jugendliche während eines Seminars zur Vereinigung der Opposition und zur Arbeit gegen Staatspräsident Alexander Lukaschenko aufgerufen zu haben, war Busch des Landes verwiesen worden.

Berlin reagierte umgehend auf den jüngsten Vorfall. Gestern wurde Weißrusslands Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt, ein „deutliches Zeichen des Protestes der Bundesregierung gegenüber den weißrussischen Behörden“, wie eine Sprecherin sagte. Noch deutlicher war Helmut Frick, deutscher Botschafter in Minsk, bereits am Vortag geworden. Diese Ausweisungen seien absolut unfair und inakzeptabel, besonders die Art, wie sie durchgeführt worden seien. „Die Bundesregierung betrachtet diese Aktionen als schwere Belastung für die bilateralen Beziehungen und berät derzeit über mögliche Konsequenzen“, sagte Frick laut der weißrussischen Nachrichtenagentur Belapan.

In diesem Zusammenhang verwies Frick auch auf Probleme des Goethe-Instituts in Minsk. Dieses habe aufgrund der Kündigung bestehender Mietverhältnisse jetzt mangels geeigneter Räumlichkeiten die Hälfte seiner Sprachkursteilnehmer verloren. Das Timing für Fricks Auftritt entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Heute beginnt in Minsk unter der Schirmherrschaft der Deutschen Botschaft die so genannte „Deutsche Woche“. Dort soll auf zahlreichen Veranstaltungen über Geschichte, Bildung, Kunst und Wirtschaft diskutiert werden. Über Einreiseverweigerungen für potenzielle Teilnehmer ist bislang nichts bekannt. BARBARA OERTEL