Referendum in Kirgistan: Mit aller Macht
Der kirgisische Staatschef Sadyr Japarow ist Anti-Korruptionskämpfer und Nationalist. Mit der Verfassungsänderung hebelt er die Gewaltenteilung aus.
D as Motto lautet: Ein Mann will nach oben und das mit aller Macht. Diesem Ziel ist der kirgisische Staatschef Sadyr Japarow ist der kirgisische Staatschef Sadyr Japarow am Sonntag noch einen Schritt näher gekommen. Zwar blieb die Wahlbeteiligung mit knapp 36 Prozent eher überschaubar. Dennoch hat eine Mehrheit der Kirgis*innen mit ihrem Ja zu weitreichenden Verfassungsänderungen Japarow den gewünschten Freifahrtschein ausgestellt.
Der Präsident kann künftig bei Besetzungen und Abberufungen von wichtigen Posten in der Regierung und der Justiz ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Demgegenüber ist das verkleinerte Parlament auf die Rolle eines Statisten reduziert. Checks und Balances waren gestern.
Auch die Zivilgesellschaft sieht dunklen Zeiten entgegen. Schwammige Formulierungen, wie der „Schutz moralischer Werte“ sind das ideale Einfallstor, um so grundlegende Rechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit auszuhebeln.
Und so dürfte das demokratische Experiment, das das zentralasiatische Land einst zu einem kleinen „Leuchtturm“ inmitten seiner autokratisch regierten Nachbarn gemacht hatte, wohl vorerst beendet sein.
Der „Allmächtige“ muss liefern
Japarow wird seine neuen Möglichkeiten nutzen – soviel steht fest. Dass der selbsternannte Anti-Korruptionskämpfer mit nationalistischen Anwandlungen es mit demokratischen Werten jedoch nicht so genau nimmt, zeigte auch die jüngste Volksabstimmung.
Eine breite öffentliche Debatte im Vorfeld fand nicht statt. Auch am Tag der Abstimmung protokollierten unabhängige Beobachter*innen wieder zahlreiche Verstöße gegen geltende Gesetze. Die Ironie der Geschichte dabei ist, dass es die Proteste gegen die gefälschte Parlamentswahl vom vergangenen Oktober waren, die Japarows politische Blitzkarriere erst möglich machten.
Jetzt muss der „Allmächtige“ liefern, was wahrlich kein Selbstgänger ist. Viele Menschen in Kirgistan haben mit wachsenden Existenznöten zu kämpfen. Diese wiegen umso schwerer, als Zahlungen von Verwandten, die im Ausland arbeiten, jetzt wegen der Corona-Pandemie ausbleiben. Doch die Geduld der Kirgis*innen ist endlich, wie die Geschichte zeigt. Bereits drei ihrer Präsidenten haben sie vom Hof gejagt. Warum nicht auch ein viertes Mal?
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