Referendum im Südsudan: Ansturm auf die Wahllokale

Die Bevölkerung stimmt über die Unabhängigkeit des Südsudans ab. Sie feiert schon, ehe die Ergebnisse feststehen. EU-Beobachter loben die Organisation.

Christliche Unterstützer der südsudanesischen Unabhängigkeit feiern die Volksabstimmung.in Juba. Bild: rtr

JUBA taz | Die Sonne ist noch nicht richtig aufgegangen, als die Südsudanesen zu den Wahlbüros strömen. Max Androga ist um fünf Uhr aufgestanden, um sich anzustellen. Fast drei Stunden lang wartet er geduldig im staubigen Hof der Grundschule des Stadtviertels Mukumi in Südsudans Hauptstadt Juba, bis die Wahlstation unter einem Mangobaum öffnet. Der 45-jährige Buchhalter trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Abspaltung".

"Ich bin so aufgeregt, mein Leben lang habe ich auf diesen Tag gewartet", sagt er und strahlt über das ganze Gesicht. Androga hat in seinem Leben zwei Kriege durchgemacht, saß im Gefängnis, weil er mit den Rebellen sympathisierte, war angeschossen worden, hat nur knapp überlebt. "Ich habe in meinem Leben noch nie wirklich Frieden erlebt, jetzt ist es endlich so weit", sagt er und kriegt feuchte Augen.

Rund vier Millionen registrierte Wähler sind aufgerufen, über die Unabhängigkeit des Südens von der Regierung im nördlichen Khartum abzustimmen. Das Referendum wird eine Woche dauern, da die Menschen in einem Land eineinhalbmal so groß wie Deutschland weite Strecken zu Fuß in die lediglich 2.600 Wahlstationen zurücklegen müssen. Mindestens 60 Prozent der Registrierten müssen teilnehmen, damit das Ergebnis gültig ist. Dies ist im Friedensabkommen von 2005 zwischen Südsudans Volksbefreiungsbewegung (SPLM) und Nordsudans Regierung unter Omar Bashir festgeschrieben. Nach über 20 Jahren Krieg und einem komplizierten Friedensprozess zweifelt in Juba derzeit niemand daran, dass die Mehrheit für die Abspaltung stimmt.

Als die ersten Wähler um acht Uhr ihre Stimmzettel in die Plastikboxen stecken, dröhnt Musik aus den Lautsprecherboxen. Eine Frau schwingt Südsudans Flagge, tanzt und singt. Die Wartenden klatschen und singen mit. Die Stimmung ist ausgelassen. Haua Zaitun hat ihr rotes Sonntagskleid angezogen. Sie lacht, als sie den Stimmzettel in die Urne wirft und ihren Finger in das Tintenfass taucht. Die wasserfeste Tinte soll verhindern, dass Menschen doppelt abstimmen.

Regierungssprecher Barnaba Marial Benjamin erklärt das Referendum bereits zum Erfolg. "Im ganzen Land herrscht ein unbeschreiblicher Ansturm auf die Wahlstationen", sagt er. Auch das Referendumsbüro im Südsudan lobt, dass alle Wahllokale pünktlich geöffnet haben. Über 60.000 Polizisten sichern die Wahlen ab und bewachen die Urnen. In einer Woche beginnt die Auszählung im Südsudan. Verantwortlich für die Durchführung der Wahl ist die nationale Referendumskommission in Sudans Hauptstadt Khartum. Sie muss das endgültige Ergebnis spätestens am 14. Februar bekannt geben. Davor besteht die Möglichkeit, das Referendum vor Gericht in Khartum anzufechten. Sudans Präsident Bashir hatte bei seinem jüngsten Juba-Besuch verkündet, er werde das Ergebnis anerkennen.

Die EU-Wahlbeobachter gratulieren dem Referendumsbüro in Juba bereits zur erfolgreichen Durchführung. Es sei wichtig gewesen, dass die Volksabstimmung am 9. Januar beginnt, so war es im Friedensvertrag festgelegt, sagt Veronique de Keyser, Vorsitzende der EU-Wahlbeobachtermission im Südsudan. Über 100 EU-Wahlbeobachter sind im Einsatz, hinzu kommen Beobachter der Afrikanischen Union, der Kirchen und lokaler Nichtregierungsorganisationen.

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