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Referee Stark erhebt schwere Vorwürfe„Du feiges Schwein“

Wolfgang Stark, Schiedsrichter im Relegationsrückspiel, belastet mit seiner Aussage vor dem DFB-Sportgericht mehrere Hertha-Profis schwer. Er spricht von einer „Hetzjagd“.

„Ich hatte Angst“, umschrieb Schiedsrichter Wolfgang Stark seine Gemütsverfassung nach dem Schlusspfiff in Düsseldorf. Bild: dpa

Sportjuristischer Showdown in Frankfurt. In der Zentrale des Deutschen Fußballbunds wurde über den Einspruch von Hertha BSC gegen die Wertung des Rückspiels der Bundesliga-Relegation am Dienstag in Düsseldorf verhandelt. Es ging um die Frage, ob das 2:2, mit dem die Düsseldorfer den Aufstieg in die erste Liga sichergestellt hätten, rechtmäßig zustande gekommen ist.

Doch bevor das Gericht ein Urteil fällt, herrschte zunächst Fassungslosigkeit unter den Beobachtern über die Äußerungen von Schiedsrichter Wolfgang Stark, der nach dem Spiel heftig von Berliner Akteuren angegangen worden ist. Herthas Anwalt Christoph Schickhardt, der den Protest gegen die Wertung des Spiels formuliert hatte, argumentierte zu Beginn der Verhandlung vor dem Vorsitzenden des DFB-Sportgerichts, Hans E. Lorenz, indem er auf Paragraf 17.2 der Durchführungsbestimmungen für DFB-Spiele verwies. Es habe eine „Schwächung einer Mannschaft durch äußere Einflüsse“ vorgelegen.

Die Düsseldorfer Fans, die Minuten vor dem Schlusspfiff auf den Platz gelaufen sind, hätten das Spiel dementsprechend beeinflusst. Zuvor hatte er in Interviews von „Todesangst“ gesprochen, die seine Spieler während der Spielunterbrechung in der Kabine ausgestanden hätten. Der Vertreter von Fortuna Düsseldorf argumentierte mit einem ganz anderen Paragrafen. Horst Kletke zitierte aus dem Regelwerk. Dort heiße es unter Punkt fünf, dass es im Ermessen des Schiedsrichters liege, wann eine Partie zu unterbrechen oder abzubrechen sei. Das habe Wolfgang Stark getan. Seine Entscheidung habe deshalb gültig zu bleiben.

Aufarbeitung noch lange nicht beendet

Es folgte der Auftritt des Schiedsrichters, über den in der folgenden Woche noch weiter geredet werden wird. Die sportjuristische Aufarbeitung des Relegationswahnsinns von Düsseldorf ist noch lange nicht beendet. In der nächsten Woche würde über einen möglichen Einspruch gegen das Urteil verhandelt. Zudem soll über vom Kontrollausschuss angezeigte Spielerentgleisungen entschieden werden. Da wird dann über den Nackenschlag von Lewan Kobiaschwili gerichtet, den Schiedsrichter Wolfgang Stark sogar bei der Polizei angezeigt hat.

Reporter des Express berichteten aktuell aus der Verhandlung und zitieren Stark mit den Worten. „Der Spieler Kobiaschwili hat mit ausgestrecktem Arm, mit der Faust in meine Richtung geschlagen. Ich duckte mich kurz ab und wurde am Hinterkopf getroffen.“ Mit einer Sperre von bis zu zwei Jahren muss Kobiaschwili da rechnen. Es könnte das Karriereende für den 35-jährigen Georgier in der Bundesliga bedeuten.

Den Tränen nahe

Nach dem Schlusspfiff der Partie hatte Stark die Mannschaftsärzte von Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf in die Schiedsrichterkabine bestellt. Fortuna-Arzt Ulf Blecker erinnert sich: „Der Schiedsrichter ist am Hinterkopf getroffen worden. Wir haben die betroffene Stelle gekühlt. Ich habe ihm dann noch ein Medikament gegen die Schwellung gegeben.“ Stark berichtete den Sportrichtern weiter, Hertha-Abwehrspieler Christian Lell habe ihn am Arm gepackt. Als „feige Sau!“ sei er bezeichnet worden. Andre Mijatovic habe ihn „Wichser“ genannt. Stark sei den Tränen nahe gewesen. Über all das wird das DFB-Sportgericht in der kommenden Woche entscheiden.

Genauso wie über den Düsseldorfer Andreas Lambertz. Der schwang nach dem Spiel aufstiegstrunken eine bengalische Fackel auf dem Spielfeld. Was für viele Ultras – und wohl auch für Lambertz – den ultimativen Stimmungskatalysator darstellt, ist indes für den DFB Teufelszeug. Nachdem der Verband den Dialog mit der Faninitiative „Pyrotechnik legalisieren“ abgebrochen hat, wurden die Kurven in Deutschlands Stadien so eingeräuchert wie nie zuvor.

Auch deshalb war Lambertz’ Fackellauf ein Politikum. Für den einmaligen Aufstieg eines Spielers von der vierten Liga in das Fußballoberhaus mit dem immer gleichen Verein ist Lambertz am Dienstag allüberall gefeiert worden. Die Bilder, die ihn mit der Fackel in der Hand zeigen, haben ihn in die Rolle eines Fußballunholds katapultiert.

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12 Kommentare

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  • F
    Facepalm

    Man sollte jeden einzelnen Profi dazu verpflichten, regelmäßig selber Spiele zu pfeifen in irgendeiner Liga.

    Erfahrungsgemäß lernt jeder, der mal Schiri gespielt hat, sehr schnell Respekt für diesen überaus undankbaren Job.

  • N
    Nikster

    Wo ist denn das Bild vom Bengalo-Schwenkenden Lambertz? Wird nicht hier wieder Panik gemacht? Ich hab im TV einige Spieler mit rauchenden Bengalos in der Hand gesehen, aber diese wurden nicht wild umher gewedelt sondern zurück hin die werbebande geworfen.

     

    ich bitte darum, einen Beweis für die Behauptung gegen den Düsseldorfer Spieler zu bringen.

  • U
    Urgestein

    Mit der Entscheidung für ein Wiederholungsspiel würde sich der DFB die Axt selbst ins eigene Bein treiben. Die Entscheidung zwischen Auf- und Abstieg wurde, wenn auch etwas holprig, so aber letztlich doch sportlich entschieden. Schiri Stark konnte die Partie zu Ende leiten und nur das zählt. Nur bei einem Abbruch wäre eine Wiederholung der Partie angezeigt. Die Berliner lassen, wenn auch aus verständlichen wirtschaftlichen Gründen, die sportliche Fairness etwas schleifen. Schliesslich war es ihr Anhang der zuänchst mit dem Abbrennen von Bengalos dafür sorgte, daß das Polizeiaufgebot im Innenraum vor dem Gästeblock zusammengezogen wurde und so die Räume freigab, diie einige hundert Düsseldorfer nutzten um ihrerseits in den Innenraum vorzudringen. Angst hätte die Hertha nur vor den eigenen Fans haben müssen, in der Stunde des Triumphes gab es doch überhaupt kein Motiv von Düsseldorfer Seite aus die Berliner anzugreifen.

     

    Natürlich entsprachen die Vorgänge gegen Ende des Spiel nicht dem üblichen Verlauf und natürlich müssen diese vom Sportgericht geahndet werden. Als Hausherr hat sich die Fortuna Pflichtverletzungen zu Schulden kommen lassen, was die Sicherheit im Stadion anbetrifft. Ich würde da mit einer Geldstrafe im mittleren fünfstelligen, vielleicht sogar im unteren sechsstelligen Bereich rechnen. Hinzukommen könnte auch die Auflage, die ersten zwei oder drei Heimspiele der nächsten Saison auf neutralem Platz und ohne eigenen Anhang ausrichten zu müssen. Das wäre hart, aber durchaus im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung des Sportgerichts.

     

    Eine Wiederholung des Spiels hingegen wäre es mit Sicherheit nicht und als reichlich absurd einzustufen. Da könnte man ja auch gleich beide Kontrahenten suspendieren und den FC St. Pauli zum dritten Aufsteiger ernennen.

  • R
    Ralf

    Der Einspruch Herthas ist wirklich lächerlich!

    Das Lügenkonstrukt einigen Spieler und des Anwalts wird Herthas Image sehr schaden!Vielleicht mehr als der Abstieg.....

  • M
    Mork

    Nur zur Klarstellung: Auf der einen Seite Spieler, die den Schiedsrichter verbal in denkbar ordinärer Weise angehen bzw. sogar schlagen, auf der anderen Seite ein Spieler, der nach Spielende, zwar verbotswidrig, aber in einer grundsätzlich ungefährlichen Weise, ein Bengalo abbrennt, das er nicht, wie irgendwelche "Fans", hinterher in die Menge wirft. Und die Berliner "Todesangst" äußerte sich in Schiedsrichter-Slapping?

  • M
    miri

    Tja, dieses Spiel gehört wohl tatsächlich wiederholt, bzw. beide Mannschaften gehören bestraft. Aber was ist von einem Schiri zu halten, der "den Tränen nahe" ist, weil ihn Spieler einer sich benachteiligt glaubenden Mannschaft "Schwein" und "Wichser" nennen? Das ist doch nicht sein Ernst, dass der da anfängt zu weinen? Hat er gedacht, die steigen ab und haben ihn dennoch alle lieb? Also bitte, für so einen Schiri gibt es im Männer-Profifußball keine Verwendung. Kann jemand sich vorstellen, dass Pierluigi Collina deswegen geweint hätte? Der unsterbliche italienische Glatzkopf-Schiri?

  • W
    Wowi

    Sportlich waren die Berliner und auch der KSC schon längst weg. Die Relegation ist spannend für uns Fussballfans. Fürth schlägt 1.klassige Vereine wie Nürnberg und Hoffenheim im Pokal.Die Unterschiede zwischen den Ligen sind nicht so groß.Ja.. ich will guten Fussball sehen, vorgetragen von Vereinen die etwas wagen mit ihren innovativen Trainern und Konzepten.Erfolg ist auf dem Platz und scheinbar sind die "ewig treuen" Fans weit weg von ihren Mannschaften.

  • RM
    rené muster

    also, ich war beim spiel in düsseldorf und kann nur sagen, dass es bestimmt

    falsch war das feld vor abpfiff zu stürmen. fehler oder nicht, aber welche fans

    in deutschland hätten nicht nach abpfiff das feld gestürmt um zu feiern! ( aufstieg in die bl nach 15 jahren)

    es gab allerdings auch nicht das geringste anzeichen von gewalt oder pöbeleien, weder im stadion noch später in der altstadt.

    nach dem abpfiff wurde ausgelassen und friedlich auf dem feld gefeiert.

    nun zu dem auftritt des berliner blocks in der 60. min.: es regnete bengalos auf das spielfeld,

    es wurden leuchtrakten in die luft, in richtung der nachbarblocks geschossen.

    dies wäre wirklich der einzige moment gewesen, das spiel abzubrechen.

    hier wird diskutiert über die gefährdung der spieler, aber die bsc fans haben

    das wohl von menschen im nachbarblock und ihrer eigenen spieler gefährdet.

    auf die bedrohungen und handgreiflichkeiten der bsc spieler gegenüber dem

    schiedrichter gehe ich hier mal nicht ein.

    in den medien werden die bilder meistens nicht richtig dargestellt, dass die bengalos aus dem berliner block kamen.

  • CT
    Christian Theisen

    Ganz unabhängig vom Thema ist sehr interessant, wie insbesondere die (Berliner) Springerpresse über den Sachverhalt immer wieder einseitig und tendenziös berichtet. Wahrscheinlich werden auch im Hintergrund die (politischen) Fäden gezogen, damit die Berliner Mannschaft in der ersten Liga bleibt. Anscheinend steht viel Geld auf dem Spiel.

    In der Berichterstattung wird kaum zwischen dem aggressivem Auftreten der enttäuschten Berliner Ultras und dem friedlichen Freudentaumel der Düsseldorfer - sogar Frauen und Kinder waren dabei - unterschieden. Es werden Bilder vom rot brennenden Berliner Block gezeigt und die Unterschrift lautet sinngemäß "Skandal und Chaos in Düsseldorf". Als ob die Düsseldorfer ihr eigenes Stadion anzünden wurden, nachdem sie gerade das 2:1 geschossen hatten und im Aufwind waren. Die Fragen, warum die Fans das machen sollten, stellt keiner. So richtig logisch ist es nun einmal nicht. Fakt ist aber, dass die Feueratacken der Berliner Ultras dazu geführt haben, dass Fortuna aus dem Spiel kamen, Hertha das Soiel mit dem 2:2 kippte und zudem noch weitere 7 Minuten Zeit bekam. Wer da keinen Zusammenhang sieht, ist naiv und blind. Wenn der DFB eine solche Strategie nun auch noch durch eine Strafe für Fortuna unterstützt, ist es um den Fussball schlecht bestellt.

    Und was die Presse betrifft: Es ist ein schönes Beispiel dafür, wie man ein Ereignis mit den geeigneten Mitteln so verdreht darstellen kann, dass die ganze Republik auf eine Meinung eingestellt wird.

    Meine Hochachtung an den Schiedsrichter Stark und seine Kollegen, die couragiert ausgesagt haben. Leider ist zu befürchten, dass sie demnächst nicht viel Gutes über sich in der Springerpresse werden lesen können. So sind schon andere Karrierern beendet worden.

  • D
    droid

    Wenn das Spie wiederholt werden sollte, dann wäre das ja eine tolle Ermunterung für alle Vereine, ihre Fans, genau wie die Hertha, zu einem Spielabbruch zu ermuntern.

     

    Oder anders ausgerückt alle Mannschaften die im Spiel chancenlos sind, berufen sich auf ihre Todesangst und werden dann für die vollen Hosen belohnt.

     

    Arme Hertha, ehrlich tiefer geht es nicht mehr.

     

    Freue mich schon auf das nächste Spiel gegen die Hertha. Das heißt falls die Hertha ihr Trauma überwinden kann und sich noch mal traut in den Westen zu kommen.

  • RZ
    Ralf Zimmermann

    Alle hier genannten Spieler dem entsprechent Sperren,das Spiel als "Geisterspiel"wiederholen(auch keine TV-Übertragung)und dann diese unnötigen Religationsspiele abschaffen...)Die beiden Tabellen letzten steigen ab,und gut ist...)PS.Ich bin begeisterter Fußballer,und schaue auch gern Fußball,aber was in D.-dorf abgelaufen ist,hat mit fairnes und Sport nix mehr zu tun...)Pfui....)

  • A
    Asozial

    Wenn sich das alles bestätigen sollte - solche Asis haben auf einem Spielfeld nichts zu suchen. Sollte diese Mannschaft von Gestörten die Gelegenheit zur Spielwiederholung bekommen, verstünde ich die Welt nicht mehr.