Recycelte Klamotten bei H&M: Die neue, grüne Masche
Ökokleidung sieht inzwischen bunt, chic und hip aus. Immer mehr große Ketten steigen in das Geschäft ein. Aber wie viel Natur steckt wirklich darin?
BERLIN taz | H&M kann auch anders – grüner. Im Februar sind Jeans und Jeansjacken, in denen recycelte Baumwolle steckt, in die Läden des schwedischen Modekonzerns gekommen. Es ist eine neue Form der alten Altkleiderentsorgung. Denn Kunden können schon seit 2013 ihre alten Klamotten in den Filialen abgeben. Der schon mal getragene Stoff macht in der neuen Kollektion zwar nur zwanzig Prozent aus, weil sonst die Qualität leide, wie H&M der taz sagte. Aber das Projekt zeigt einen Trend.
Denn auch bei Konkurrenten wie Marc O’Polo oder dem Otto-Konzern hängen Hemden und T-Shirts an den Kleiderstangen, die ökologischer sind als herkömmliche Ware. Und das Öko-Label Armedangels will einen eigenen Laden eröffnen. Weil immer mehr Kunden grüne Mode anziehend finden, haben die Modedesigner reagiert und sie vom Schlabber-Müsli-Image befreit. Die neuen Shirts und Kleider sind bunt, schick und hip.
Aber wie viel Öko steckt wirklich in der Mode? Wie viel Chemie verbirgt sich in Aufdruck, Farbe oder der Eigenschaft „bügelfrei“ und „antimikrobiell“? Das Etikett im T-Shirt sagt zumeist nicht viel: Faser, Waschanleitung, Produktionsort.
H&M nennt seine grüne Kollektion „Conscious Mode“. Sie lasse sich, so teilt der Moderiese mit, „am grünen Anhänger zusätzlich zum Preisschild erkennen“. Dazu gehören auch Hosen oder Shorts aus Biobaumwolle. Oft sind die Kleidungsstücke aber zu 50 Prozent aus konventionellem Material.
Nachhaltig ist nicht gleich „bio“
Derzeit handle es sich bei 7,8 Prozent des gesamten Baumwoll-Einsatzes um zertifizierte Biobaumwolle, so der Händler. Bei Otto lag der Anteil in der letzten Frühjahrssaison bei 5 Prozent. Beide Konzerne versprechen, bis 2020 komplett zu Baumwolle aus nachhaltigem Anbau zu wechseln. Nur: Nachhaltig ist nicht gleich „bio“, der Standard kann niedriger sein.
Marco O’Polo nutzt wieder andere Kategorien. Dort heißt es, dass der „wertmäßige Anteil“ der „Modern Organic-Products“ – das sind „Produkte aus Baumwoll-, Leinen- oder Wollfaser, die einer kontrolliert biologischen Landwirtschaft entstammen“ – in der Frühjahr-Sommer-Saison 12 Prozent ausgemacht habe.
Kirsten Brodde, Textilexpertin der Umweltorganisation Greenpeace, sagt: „Die Öko-Kollektionen sind ein erster Schritt.“ Sie fordert aber, dass die „Firmen sich verpflichten, ihre gesamte Produktion zu entgiften“. Brodde hat zusammen mit ihren Kollegen die sogenannte Detox-Kampagne gestartet.
Weltweit 120 Ökosiegel
Immerhin 18 Unternehmen haben sich dieser Entgiftungskampagne bereits angeschlossen. Sie verpflichten sich bis 2020 keine gefährlichen Chemikalien mehr zu verwenden. Otto und Marc O’Polo sind allerdings nicht dabei. H&M, Levis, Adidas, Puma und Nike hingegen schon.
Mittlerweile gibt es rund 120 Siegel weltweit, die angeblich Ökokleidung auszeichnen. Brodde hält davon allerdings allenfalls eine Handvoll für glaubwürdig. Aus ihrer Sicht schneiden im ökologischen Bereich am besten der Globale Organic Textile Standard, GOTS und der IVN Best ab. Beide gelten aber nur für Naturfasern. Für Kunstfasern gilt das Bluesign-Siegel als am fortschrittlichsten, wenn auch nicht als perfekt. Und wer auf faire Arbeitsbedingungen Wert legt, sollte zudem auf Fairtrade Cotton achten oder darauf, ob die Hersteller der Fair Wear Foundation angehören.
Wahre Ökomode bestehe nicht bloß aus ökologisch produzierten Fasern, sie müsse vor allem lange tragbar sein, meint Brodde. Sie will zudem weg von „immer neu“. Ihr Tipp: Genau überlegen, ob ein neues Kleidungsstück wirklich nötig ist. Man könne stattdessen auch gebraucht kaufen oder tauschen.
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