Rechtswidrige Demo-Auflösung: Gericht rügt Polizeieinsatz
Die Polizei agierte rechtswidrig, als sie 2008 eine Demonstration gegen Abschiebungen am Flughafen auflöste - und dabei ein Gerichtsurteil aushebelte.
Und wieder eine schwere Schlappe für die Polizeiführung: Die Auflösung einer Demonstration gegen Abschiebungen am 22. August 2008 war rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht am späten Freitagabend nach zweitägiger Beweisaufnahme entschieden. „Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hat nicht bestanden“, sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Haase. Eine Blockade des Flughafens sei nicht zu befürchten gewesen.
In dieser August-Woche des Jahres 2008 hatten sich mehrere hundert Menschen in Lurup zu einem Klima- und Antirassistischen Camp versammelt, um gegen das geplante Kohlekraftwerk Moorburg und gegen die Ausländerpolitik des damaligen schwarz-grünen Senat zu protestieren. Es kam fast täglich zu Aktionen – so auch am 22. August, als Flüchtlings-Initiativen am Fuhlsbüttler Airport gegen Sammelabschiebungen demonstrieren wollten, Motto: „Für grenzenlose Bewegungsfreiheit – keine Abschiebungen vom Hamburger Flughafen“. Der Protest sollte vor dem sogenannten „Terminal Tango“ stattfinden, von dem aus die Bundespolizei Sammelabschiebungen organisierte.
Die Hamburger Polizei wollte die Demonstration nur bis 15 Uhr erlauben, wogegen der Anmelder der Demonstration, der heutige Landessprecher der Linkspartei Bela Rogalla, klagte. Das Oberverwaltungsgericht hob diese polizeiliche Einschränkung des Demonstrationsrechts auf und gestattete eine Kundgebung bis 19 Uhr.
Auch an den Abfertigungsschaltern in den Terminals kam es an jenem Tag zu Protestaktionen, die das Flughafenmanagement duldete. So wurden etwa Polonaisen getanzt und „internationale Pässe“ ausgegeben. Gleichzeitig erreichte die Demonstration den Zubringer-Bereich des Terminals Tango. Offenkundig versuchten einige Protestler, über die Zubringerstraßen die Terminals zu erreichen. Um dies zu verhindern, bildete die Polizei Ketten und brachte den Verkehr zum Erliegen.
Die Vertreibung von Obdachlosen und Alkoholikern aus touristisch frequentierten Räumen ist ein Anliegen des SPD-Senats.
Nur der Streit um den Zaun unter der Kersten Miles-Brücke verhinderte, dass der Hauptbahnhofs-Vorplatz bereits 2011 privatisiert wurde. Ex-SPD-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber wollte mit dem Zaun Obdachlose von den Landungsbrücken vertreiben.
Seit dem 25. Oktober 2012 befindet sich der Hauptbahnhofs-Vorplatz unter der Kontrolle der Bahn. Hier kann die "DB Sicherheit" ihr Hausrecht ausüben und Platzverweise erteilen.
Vor Gericht sagte der Hundertschaftsführer der Bereitschaftspolizei, Karl-Michael Strohmann, dass die Polizeisperren „deutlich vor der Auflösung der Demonstration“ gebildet worden seien. Dennoch verkündete der Einsatzleiter vor Ort, Hartmut Dudde, auf Weisung des Einsatzleiters im Präsidium, Peter Born, um 15 Uhr die Auflösung der Demonstration, weil die Versammlung als Rückzugsraum für Straftäter genutzt werde – also genau zu dem Zeitpunkt, über den hinaus die Polizei die Demonstration sowieso hatte untersagen wollen.
„Die Zeugenvernehmungen haben erbracht, dass vor der Versammlung keine Gefahr ausgegangen ist“, fasste Demo-Anwältin Cornelia Ganten-Lange die Beweisaufnahme zusammen. Wenn es auf der Zubringerstraße zu Behinderungen gekommen sei, dann durch die Polizeiketten. „Wesentlich vor der Auflösung war der normale Kfz-Verkehr wieder möglich“, sagte Ganten-Lange.
Ihrem Kollegen Carsten Gericke ist noch immer unverständlich, warum der Einsatzleiter vor Ort das grundgesetzlich vorgeschriebene Kooperationsgebot mit dem Demonstrationsleiter Andreas Blechschmidt nicht gesucht habe. „Warum konnte sich der Sachverhalt nicht vor Ort klären lassen?“, fragt der Versammlungsrechtsexperte. Das Kooperationsgebot sei nicht gewahrt, stattdessen sei „Schicht im Schacht“ gemacht worden. Für die „versammlungsrechtliche Kultur“ sei das ein schwerer Schlag gewesen.
Polizeijustiziarin Andrea Horstmann nahm Einsatzleiter Born in ihren Abschluss-Ausführungen in Schutz: Die Beendigung der Demonstration sei kein „taktisches Mittel“ gewesen, sagte sie. „Es gab keinen geplanten konkreten Zeitpunkt, die Versammlung aufzulösen.“
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