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Rechtspopulisten scheitern im NordenAnti-Islam-Partei ohne Personal

In Schleswig-Holstein kann „Die Freiheit“ nicht zur Landtagswahl antreten. Die Partei konnte die notwendige Mitgliederzahl für eine Landesliste nicht vorweisen.

Gescheitert in Schleswig-Holstein: der Gründer der Partei „Die Freiheit“ Rene Stadtkewitz. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der erste Wahlflyer war schon vor Monaten online. „Am 6. Mai die Freiheit wählen“, stand darauf. Auf der Internetseite des schleswig-holsteinischen Landesverbandes um Steffen Rotermundt stand im September 2011 noch selbstbewusst: Bei der Landtagswahl „bieten wir ihnen wieder eine langfristig wählbare bürgerorientierte Alternative“. Wählbar ist die selbsternannte Bürgerrechtspartei für die Wähler am Wahltag jedoch nicht. „Die Bedingungen für eine Kandidatur konnten wir nicht erfüllen“, sagte Rotermundt der taz.

Beim Landeswahlleiter im Kiel reichte die 2010 von dem ehemaligen CDU-Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, René Stadtkewitz, gegründete Partei auch keine Unterlagen ein. „Wir haben nichts erhalten“, sagt Hans-Jürgen Thiel, Mitarbeiter beim Landeswahlleiter. Auf dem Landesparteitag war die nötige Mitgliederzahl für eine Landesliste nicht erreicht worden. „Wir waren keine 50 Personen“, sagt Rotermundt. Nach dem Wahlgesetz wäre das aber nötig gewesen. „Wirklich schade“, sagt Rotermundt, der vor seinem Austritt bei der CDU noch für sie in die Ahrensburger Stadtverordnetenversammlung zog.

Bundesweit soll Die Freiheit, die vor allem gegen den „politischen Islam“, den EU-Eintritt der Türkei und die „Einwanderung in die Sozialsysteme“ auftritt, 2.000 Mitglieder haben. Im hohen Norden wären es anfänglich an die 100 Parteigänger gewesen, jetzt hätten sie rund 70 Mitglieder, sagt Rotermundt. Die Euphorie nach der Gründung in Berlin, rechts von der CDU/CSU eine Partei bundesweit aufbauen zu können, verflog jedoch offensichtlich mit der Berliner Wahl.

In Berlin, wo Stadtkewitz mit seinen frühen Nein gegen Moscheen, da der Islam als „Politik-Religion“ in Europa „nicht integrierbar“ sei, bekannt wurde, scheiterten sie. Und das trotz der Debatte um Thilo Sarrazins Thesen gegen Einwanderung und Islam und einer Emind-Umfrage, die einer „Sarrazin-Partei“ 18 Prozent vorhersagte. Am 18. September 2011 erreichte Die Freiheit nur ein Prozent.

Eine weitere Ernüchterung erfolgte auf dem Bundesparteitag am 10. Dezember 2011. In Frankfurt am Main wählte die Partei Michael Stürzenberger in den Bundesvorstand, obwohl sich viele Landesfunktionäre gegen ihn aussprachen. In einem Beitrag auf dem Internetportal „Politically Incorrect“ hatte der frühere CSU-Politiker geschrieben, dass Muslime, die ihrem Glauben nicht abschwörten, zur Ausreise gezwungen werden müssten. Der bayrische Verband enthob ihn seines Amtes im Landesvorstand und als Pressesprecher, da er gegen den Parteigrundsatz der Glaubensfreiheit verstoßen hätte. Doch die Kritiker unterlagen. Durch die Unterstützung von Stadtkewitz konnte Stürzenberger Vorsitzender in Bayern werden und in den Bundesvorstand kommen. Daraufhin brachen mehrere Landesvorstände auseinander. „Mit dieser Aussage hat Herr Stürzenberger eine rote Linie überschritten“, sagt Jens Eckleben, der prompt den Hamburger Landesvorsitz abgab.

„Ach, wir hier in Schleswig-Holstein sind da etwas gelassener“, sagt Rotermund. Er glaubt nicht, dass die Mitglieder wegen Stürzenberger gegangen sind. Und er versichert Die Freiheit sei noch nicht am Ende: „Ich glaube an die Idee.“

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9 Kommentare

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  • W
    Wigumm

    Eine Partei voller Blinden und Menschen die unfähig sind Kritik anzunehmen bzw. zu ertragen. Und doch! Die Leute sind wegen Stürzenberger ausgetreten, weil es nicht ihrer Einstellung entspricht, dass gegen eine Religion gehetzt wird. Kritik darf bzw. muss man äußern. Wer hetzt hat schon verloren. Wer kritisiert kann verlieren. Die Partei ist tot, weil sie Hetze mit Kritik verbindet und zur Ein-Themen-Partei verkommen ist.

  • C
    Carll

    @Craig "Ihr solltet euch wirklich mal näher mit euren Phobien beschäftigen."

     

    Ist die Befürchtung, der Islam könne in den nächsten Jahrzehnten immer mehr Einfluss nehmen auf die Art und Weise, wie wir hier leben, wirklich eine Phobie, also ein in der Psyche des Phobikers liegendes Phänomen, ohne dass in der Realität etwas zu befürchten wäre?

     

    Für die Nichtmoslems in islamisch dominierten Ländern ist es offenbar nicht nur eine Phobie: der Strang ist real, an dem sie eventuell aufgeknüpft werden. Für die türkischen Mädchen in Deutschland, die nicht mit auf Klassenfahrten dürfen, die sich nicht mit "ungläubigen" Jungs treffen dürfen, deren Brüder und Väter sie mit Gewalt in den Familenclan zurückholen, wenn sie die Freiheit der abendländisch-aufgeklärten Gesellschaft nutzen wollen, ist es auch ziemlich real. Die jüdischen Kinder, die von muslimischen Gleichaltrigen drangsaliert werden, nur weil sie Juden sind, erleben ihre muslimsichen Mitbürger auch recht real. Die Tiere, die ohne Betäubung geschächtet werden, leiden auch nicht nur unter einer Phobie.

     

    Jeder der Vernunft nicht ganz Verschlossene wird hier doch sagen: es liegt vieles im Argen mit dem Menschen- und Gesellschaftsbild des Islam. Wir sollten feste Grenzen einziehen gegen eine Erosion unserer Werte.

  • C
    Craig

    @Herrmann

     

    Ja ja, das hat auch damals mit Sarrazin so gut geklappt. Zig tausende sind damals den "islamkritischen" Parteien beigetreten...jedenfalls in den Parallelwelten, die die Islamophoben Mitläufer damals in ihren Kommentarbereichen aufgebaut hatten.

     

    Zu blöd, daß diese ganze Verschwörungstheoretikernummer in der Realität einfach nur affig wirkt.

     

    Ihr solltet euch wirklich mal näher mit euren Phobien beschäftigen.

  • S
    Skeptiker

    @ von Mona:

     

    Nein, auch in NRW tritt die FREIHEIT nicht an, da die Anzahl der benötigten Unterschriften nicht erreicht wurde.

     

    Also auch 2012 eine glatte Nullnummer.

  • G
    G&P

    Wir brauchen keine rechte oder linke Parteien! Wir brauchen libertäre Parteien - wie die PDV!

    Schaut euch das Programm an und ihr werdet sehen, dass diese Partei zukunftsorientiert und zukunftsweisend ist.

     

    Deutschland hat alles probiert - außer die echte Freiheit. Probiert sie jetzt.

  • C
    Carll

    Ein wohltuend sachlicher Bericht.

     

    Ja, "Die Freiheit" hat sich selbst ziemlich ins Abseits manövriert, ausserdem interessiert sich der Bürger wenig für so langfristige Entwicklungen wie den Einfluss der islamischen Ideologie auf die europäischen Gesellschaften.

     

    Es gibt keine etablierte politische Kraft, die das Thema aufgreift. Entweder will man sich nicht den Mund verbrennen (CDU/FDP) oder (linke Position) man ist generell Anwalt aller Minderheiten und damit auch der muslimischen Einwanderer und toleriert, dass sie fundamentale gesellschaftliche Ziele der Linken (Rolle der Frau, Meinungsfreiheit, Bewertung der Homosexualität etc.) ablehnen.

     

    Das Erwachen wird kommen, da eine Integration des Islam ein Wunschtraum bleiben wird. Die Forderungen nach der Aufnahme islamischer Werte in unsere Gesetzgebung wird lauter werden. Heute ist es nur das Schächten ohne Betäubung oder die Bestrafung islamkritischer Äusserungen, morgen vielleicht der Burkini-Tag im Schwimmbad, übermorgen das Verbot, während des Ramadan öffentlich zu essen.

     

    "Wehret den Anfängen" - gilt das nicht auch hier?

  • H
    Herrmann

    Mein Gott, da hat diesmal noch nicht geklappt mit der Aufstellung der FREIHEIT zur Wahl. Kein Grund zur Panik.

    Das Thema Islamismus wird, gerade ja durch die Salafisten in den Medien, weiter an Brisanz gewinnen. Und dann wird auch DIE FREIHEIT deutlich mehr Stimmen, Mitglieder und Interesse bekommen. Denn die etablierten Partei versagen bei diesem Problemthema völlig oder schauen feige weg, wie die Linken und Grünen.

  • KP
    Kalle P.

    Das nenne ich mal eine wirklich schlechte Nachricht! Da wird endlich mal eine vernünftige und vor allem wählbare Alternative angeboten und der Wähler ist so blind und gehirngewaschen von dem üblichen linksgrünroten Sumpf, dass er lieber weiter zusieht wie unsere Heimat den Bach runter geht, als mal nachzudenken!

  • M
    Mona

    leider sehr bedauerlich - zu den ganzen linken Parteien gibt es in Deutschland gar kein Gegenwicht mehr. Demokratie, Meinungsfreiheit Ade - Aber in NRW treten sie ja wohl an, also nicht zu früh freuen.

    Wir brauchen eine rechtskonservative Partei, die dort eintritt wo die CDU die konservativen Werte verraten hat.