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Rechtslage bei DrohneneinsatzVideos aus der Luft

Demonstranten dürfen nur zur Abwehr erheblicher Gefahren gefilmt oder fotografiert werden. Ob die Überwachung beim Castor zulässig war, hängt vom Zweck des Einsatzes ab.

Lässt sich unter die Propeller gucken: Von unten ist die Kamera an der Drohne erkennbar. Bild: dapd

FREIBURG taz | Eine ausdrückliche Regelung für Drohneneinsätze bei der Polizei gibt es bisher nicht. Rechtlich handelt es sich deshalb um eine normale Videoüberwachung, nur eben aus der Luft. Ob die Überwachung der Castorproteste mit Hilfe von Drohnen zulässig war, hängt davon ab, zu welchem Zweck das Flugobjekt eingesetzt wurde und welche Fähigkeiten es dabei hatte.

Als die Drohnen im April 2010 den niedersächsischen Datenschützern vorgestellt wurden, hieß es, dass sie ab einer Flughöhe von sieben Metern keine erkennbaren Gesichter mehr übertragen. Dann läge beim normalen Drohneneinsatz kein direkter Grundrechtseingriff vor. Der Datenschutzbeauftragte von Niedersachsen, Joachim Wahlbrink, will nun aber sicherheitshalber noch einmal nachfragen, wie sich die Technik seither entwickelt hat.

Immerhin hatte das Innenministerium in den letzten Tagen erklärt, dass die Drohnen auch zur Sicherung von Beweisen eingesetzt werden können.

Nach Angaben der Polizei in Lüneburg dienten die Aufnahmen in diesem Fall nur der Kontrolle von Absperrungen und Absperrgittern. Fotografiert wurden dabei nur Polizisten, nicht aber Demonstranten - nicht einmal in Übersichtsaufnahmen. Was aber wäre künftig möglich und zulässig?

Ob bloße Übersichtsbilder zur Steuerung von Polizeikräften bereits eine einschüchternde Wirkung haben, prüft derzeit das Bundesverfassungsgericht. In einer Eilentscheidung zum bayerischen Versammlungsgesetz hat Karlsruhe im Februar 2009 die Speicherung solcher Lenkungsaufnahmen vorläufig verboten. Das Verwaltungsgericht Berlin verlangte im Juli 2009 zumindest eine gesetzliche Grundlage für Überblicksaufnahmen.

Nach dem Versammlungsgesetz des Bundes dürfen die Teilnehmer von Demonstrationen, also auch bei Castorprotesten, nur dann (erkennbar) gefilmt werden, wenn Tatsachen darauf hindeuten, "dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" ausgehen. Nach Angaben der Polizei gilt der Versuch, die Castorstrecke unbrauchbar zu machen (Schottern), als "erhebliche Gefahr". Gefilmt werden dürfen dann aber auch nur die Teile der Versammlung, von denen solche strafbaren Aktionen konkret erwartet werden.

Das neue niedersächsische Versammlungsgesetz, das im Oktober beschlossen wurde, aber erst im Februar in Kraft tritt, ist noch demonstrationsfreundlicher. Hiernach sind Filmaufnahmen nur möglich, wenn feststeht, dass die Demonstranten eine "erhebliche Gefahr" darstellen. Indizien reichen dafür nicht aus. Die Aufnahmen müssen in solchen Fällen auch "offen", also erkennbar, erfolgen. Die Neuregelung enthält außerdem eine ausdrückliche Regelung für Überblicksaufnahmen. Diese müssen ebenfalls offen erfolgen.

Zur Aufklärung von Straftaten, also wenn das Schottern bereits begonnen hat, erlaubt die Strafprozessordnung ebenfalls die Anfertigung von Bildaufnahmen. Diese kann auch verdeckt, also heimlich, erfolgen.

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4 Kommentare

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  • I
    isin

    @ antifa. 1983: In der ersten Sache gebe ich dir absolut Recht. Solange nicht alle gleich viel "Wert" sind ist eine objektive Diskussion auch über dieses Thema nicht wirklich möglich. Daher ist auch eine sehr gute Gesetzgebung hierzu nötig, bin mir aber sicher dass es eine solche nicht wird, da diese mit mehr als genug Schlupflöcher ausgestattet sein wird um letztlich wahrscheinlich jeden Einsatz von Drohnen damit Legitimieren zu können (Die Kollegen haben verdächtiges Verhalten beobachtet :-)). Bei deiner zweiten Aussage bin ich nicht ganz deiner Meinung da es das Recht/Pflicht zum Widerstand gibt (Artikel 20, Absatz 4, GG wenn ich mich nicht irre), welches auch auf unverhältnissmäßige oder einfach Absurde Verhaltensweisen, selbst oder vor allem wenn diese vom Gesetzgeber legitimiert wurden anzuwenden ist. Du wirst aber, und darum schreibe ich dies, deinem Namen nicht gerecht da man Antifa auch mit subversivem Verhalten gegenüber der Staatsmacht assoziiert. In diesem Fall kann man wohl von domestizierter Subversion sprechen. :-)

  • A
    antifa.1983

    Ich gehe mal davon aus, dass niemand etwas gegen eine Drohne auszusetzen hätte wenn Rechtsradikale überwacht werden würde. Solange also in diesem Land nichtnjede politische Mwinung und damit jeder Mensch gleich viel wert ist erübrigtnsich überhaupt darüber zu diskutieren.

    Darüber hinaus hoffe ich natürlich als Steuerzahler dass mögliche Kriminelle und Sachbeschädiger identifiziert werden und in Regress genommen werden.

  • B
    berthold

    Polizei, Guckhubschrauber... -alles politisch und ökonomisch irrelevant. Wer gegen Atomkraftwerke ist, muss Strom sparen und Strom selber produzieren; nur wenn unvermeidlich (z.B.Mietwohnung im Wohnblock) sollte gezielt Naturstrom zugekauft werden. Solange die Masse dazu zu blöd ist, z.B. das Geld lieber zum Bankster trägt als in regenerative Energie zu investieren, hat sie kein Recht, auf die in der Tat käufliche Regierung zu schimpfen.

     

    Übrigens war es Rot-Grün, das sich 2002 mit dem UMTS-Versteigerungsdeal für 50 Mrd. Euro an Konzerne verkauft und damit die Korruption zum politischen Prinzip gemacht hat. Die Atomkonzerne haben nun den Nutzen.

  • KF
    Öko Fritz

    Auch bei der Cator-Demo beim AKW Biblis wurde am 23.10.2010 gefilmt:

     

    http://www.flickr.com/photos/28237570@N08/5107717844/

     

    http://www.sonnenfluesterer.de/?p=2094