Rechtsextremismus: Etwas Aufklärung in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt untersucht ein Parlamentsausschuss Fehler der Polizei im Umgang mit Rechtsextremen - allerdings nur zaghaft.

"Empörende Details": Strafverfolgung von Rechtsextremen in Sachsen-Anhalt. Bild: ap

BERLIN taz Sie sollen die Strafverfolgung von Rechtsextremen gebremst, Anzeigen gegen Schläger nicht aufgenommen und einem NPD-Mitglied gegen seine Kritiker geholfen haben. Die Verfehlungen der sachsen-anhaltinischen Polizei untersucht seit Montag ein Untersuchungsausschuss im Magdeburger Landtag. "Wir wollen herausfinden, wo die Ursachen für eine derartige Häufung von Fehlern liegen", sagt Gudrun Tiedge, stellvertretende Fraktionschefin der Linken in Sachsen-Anhalt.

In Sachsen-Anhalt hatten sich Polizisten im Umgang mit rechtsextremen Straftaten zwischen 2005 und 2007 eine Vielzahl grober Fehler geleistet. Die Liste der Vorfälle gemahnt an ein schauriges Kuriositätenkabinett von Unvermögen und Ignoranz: In Dessau ermittelte die Polizei beispielsweise monatelang gegen einen Anti-Rechts-Aktivisten, weil er einen NPD-Politiker öffentlich als rechtsextrem bezeichnet hatte.

Eine andere Absurdität passierte in derselben Stadt: Drei Polizeibeamte warfen dem Stellvertreter ihrer Chefin vor, er habe ihnen geraten, rechtsextreme Straftaten öfter mal zu ignorieren. Schließlich verschlechterten sie die Statistik. Nach dem Überfall auf die Theatergruppe in Halberstadt verhörten die Beamten die Opfer, ließen die rechtsextremen Schläger aber laufen.

Sechs Beispiele polizeilichen Fehlverhaltens wird der Untersuchungsausschuss noch einmal genauer prüfen. Dabei sind auch solche, die in der Öffentlichkeit bisher weniger bekannt sind: So wollte ein Asylbewerber in der 30.000-Einwohner-Stadt Bernburg Anzeige erstatten, weil er sich bedroht fühlte. Polizisten verweigerten ihm dies jedoch.

Am peinlichsten waren diese Vorfälle für den Chef der Polizisten: Innenminister Holger Hövelmann. Als einer der wenigen Ostpolitiker traut der Sozialdemokrat sich Rechtsextremismus als gravierendes Problem zu bezeichnen und Fehler seiner Beamten einzugestehen. Zugleich versprach Hövelmann immer wieder Besserung. Offenbar zu früh. Doch dass der Untersuchungsausschuss ihn den Kopf kosten könnte, glaubt kaum jemand. Die SPD würde einen profilierten Jungpolitiker nicht fallen lassen. Aus der Opposition sind heftige Angriffe kaum zu erwarten, dazu genießt Hövelmann dort zu hohes Ansehen.

Anti-Rechts-Initiativen wie der Verein Miteinander aus Magdeburg erwarten vom Ausschuss ohnehin nicht viel: "Das Problem ist mit so einem Gremium schwer anzugehen", sagt David Begrich von Miteinander, "einen Bewusstseinswandel bei den Polizisten wird man so kaum erreichen." Dazu seien eher Fortbildungen geeignet. Begrich erwartet nur noch das "eine oder andere empörende Detail".

Bei der derzeitigen Verfassung der Opposition aus Linken und FDP könnte er Recht behalten. Der ausgewiesene Rechtsextremismusexperte der Linken gehört seit Frühjahr 2006 nicht mehr der Fraktion an. Andere Abgeordnete sagen, sie fühlten sich angesichts der langen Liste der Verfehlungen einfach nur hilflos. Und sie beteuern, dass sie niemanden verunglimpfen wollen - vor allem nicht die Polizei.

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