Rechtsextremer im Chaos Computer Club: Hacker mit braunen Kontakten
Dem Chaos Computer Club macht ein angeblicher Neonazi-Aussteiger zu schaffen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung.
HAMBURG taz | In der Hacker-Szene um den Chaos Computer Club (CCC) wird gestritten: über Robert M., einen angeblichen Neonaziaussteiger, der weiterhin rechtsextreme Internetseiten verantwortet. In Hamburg ermittelt sei April die Staatsanwaltschaft gegen M., wegen des Verdachtes der Volksverhetzung.
Über einen von ihm betriebenen Hosting-Account liefen bis 2011 die Registrierung und Bezahlung von rund 50 Domains mit neonazistischen Inhalten. „Die Faktenlage ist eindeutig“, sagt ein Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft zur taz.
Den CCC habe Robert M. erst vor kurzem verlassen, sagt Constanze Kurz vom CCC. „Bei uns läuft wegen ihm eine sehr breite Debatte.“ Und die wird so schnell nicht aufhören. Denn Robert M. ist gerade wieder in den Vorstand des befreundeten „Attraktor e. V.“ gewählt worden.
In den Räumen des Vereins trifft sich auch die Hamburger Ortsgruppe des CCC. Vor der Vorstandswahl am 13. Juni 2012 hatten autonome Gruppen den CCC über die neonazistischen Verstrickungen informiert. Die Mitglieder von „Attraktor“ wählten M. dennoch ohne Gegenstimmen.
Firma mit zwei Neonazis
Ein Mitglied des CCC Hamburg erklärte, dass M. seine rechte Vergangenheit nicht verschwiegen habe. 2008 will der 31-Jährige aber die Szene verlassen haben. „Natürlich muss einem Nazi, der aussteigen will, diese Möglichkeit gegeben werden“, sagt auch Sprecherin Kurz.
Es irritiere sie allerdings, dass M. die Websites nach seinem angeblichen Ausstieg nicht abschaltete – ebenso wie der Umstand, dass „er immer noch mit zwei Neonazis eine Firma führt“.
Christian Wilhelm A., ein Betreiber der gemeinsamen Firma „Perfect Privacy“, steht gerade in Wien vor Gericht. Dieses Verfahren löste auch die Ermittlungen in Hamburg aus. Die Wiener Staatsanwaltschaft wirft A. und zwei weiteren Männern vor, für das Szeneportal „alpen-donau.info“ verantwortlich zu sein. Im Verfahren sagte A., dass er mit Robert M. die „Arbeitsgemeinschaft Perfect Privacy“ gegründet habe – einen Anonymisierungsdienstleister.
Über Jahre in der Szene aktiv
Über Jahre war M. bei zentralen Internetprojekten der neonazistischen Szene aktiv. Im Mai 2005 gründete er das „Forum Großdeutsches Vaterland“ und half 2007 das „Thiazi.net“ mit zu entwickeln, gegen das erst im Juni dieses Jahres ermittelt wurde, sagen Rechercheure von der Antifa.
Eine Stellungnahme von M. war nicht zu erhalten. In die Debatte beim CCC brachte er sich auch nicht ein. Auf der Website von „Perfect Privacy“ heißt es nur: „Mit Rücksicht auf laufende Ermittlungen dürfen wir uns nicht detailliert äußern“.
Das Verhalten an der Elbe, sagt Constanze Kurz, sei bundesweit im CCC nicht nachvollziehbar. Ein Mitglied des CCC Hamburg sagt: „Sollten sich aktuelle Belege für eine nationalsozialistische Betätigung ergeben, werden wir unsere Einschätzung entsprechend überdenken.“ Denn „NS-Gesinnung oder gar Betätigung ist mit unseren Grundsätzen nicht vereinbar“.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen