Rechtsextremen-Parteitag: NPD will Recht auf Rassismus
Der Einsatz einer "antifaschistischen Mietklausel" gegen den für Samstag geplanten NPD-Landesparteitag wird von Grünen bis CDU bejubelt. Nur Innensenator Körting sieht darin "Probleme der Parteienfreiheit". Die NPD klagt jetzt gegen die Klausel
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat Bauchschmerzen mit der antifaschistischen Mietklausel, mit der der Bezirk Steglitz-Zehlendorf den NPD-Landesparteitag am Samstag verhindern will. "Das ist unter dem Gesichtspunkt der Parteienfreiheit nicht unproblematisch", sagte Körting am Mittwoch im Ausschuss für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses.
Die NPD hatte vom Bezirk verlangt, ihr den Raum in einem Seniorenheim in Lankwitz zu vermieten. Der Bezirk hatte darauf einen Mietvertrag vorgelegt, der rassistische und antidemokratische Äußerungen untersagt. Die NPD verweigerte die Unterschrift, kurz darauf buchte die örtliche CDU den Raum für Samstag. Der NPD-Landeschef Jörg Hähnel hält den Vertrag für "eine sittenwidrige Form von Meinungsdiktatur"; seine Partei klage dagegen, sagte er der taz. Das Ziel ist, dass die NPD die Räume erhält, ohne eine solche Klausel unterschreiben zu müssen.
Körting schloss einen Erfolg der NPD vor Gericht nicht aus. Parteien seien durch das Grundgesetz gegenüber normalen Vereinen bevorzugt, so der Innensenator: Sie müssten gleich behandelt werden. Körting: "Wenn ich einer rechtsextremen Partei einen Vertrag anbiete, in dem es heißt, sie dürfe aber nicht rechtsextremistisch sein, dann biete ich ihr faktisch gar keinen Vertrag an." Nur das Verfassungsgericht dürfe eine Partei verbieten. Er sei "skeptisch, ob man das über die Hintertür machen sollte", und plädierte dagegen erneut für ein formales Verbotsverfahren "mit offenem Visier".
Andreas Gram, der verfassungsschutzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, begrüßte dagegen die Strategie der Steglitz-Zehlendorfer. "Ich bin für ein offensives Vorgehen, auch auf die Gefahr hin, sich eine Klatsche vor Gericht einzuhandeln." Er rief die Richter dazu auf, die NPD nach anderen Maßstäben zu behandeln als andere Parteien: "Auch in der Justiz muss gesehen werden, dass es einen Unterschied zwischen demokratischen und undemokratischen Parteien gibt." Auch Dirk Behrendt, rechtspolitischer Grünen-Sprecher, lobte: "Das sollte Schule machen, dass auch andere Bezirke über solche Verträge versuchen, die NPD herauszuhalten."
Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR), das den Mietvertrag für Steglitz-Zehlendorf mitentworfen hatte, hält es für entlarvend, dass die NPD verfassungsfeindliche Äußerungen auf ihrem Parteitag nicht ausschließen will. "Scheinbar sind diese Positionen weiter integraler Bestandteil ihrer Ideologie und ihrer internen Mobilisierung", so Ulf Bünermann.
Künftig soll nun der NPD überbezirklich die Raumsuche erschwert werden. "Wir brauchen eine landesweite Lösung im Rat der Bürgermeister", forderte die Linkspartei-Abgeordnete Evrim Baba. Tom Schreiber (SPD) pflichtete ihr bei: "Das ist überfällig, wenn wir nicht wollen, dass die NPD in einer Karawane von Bezirk zu Bezirk zieht, um Räume anzumieten." Reinickendorfs Bürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) erklärte, dieses Thema im Rat der Bürgermeister ansprechen zu wollen.
Wanjura selbst hat mit NPD-Raumanfragen in ihrem Bezirk zu kämpfen. Dort möchten die Rechtsextremen Anfang April ihren Bundesparteitag abhalten. "Wir werden alles unternehmen, das zu verhindern", so die Bürgermeisterin. Der Bezirk habe festgelegt, seine öffentlichen Räume nur noch an die Kreisverbände der Parteien zu vermieten.
Für die NPD wird es immer mehr zum Krampf, Räume zu finden. Für Samstag habe man Ausweichvarianten, hieß es. Allerdings: Im vergangenen Jahr musste die NPD ihren Parteitag mangels Alternativen in ihrer Parteizentrale abhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste