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Rechtsextreme BedrohungenHotline gegen Ängste

Muslimische Verbände kamen mit Innenminister Friedrich (CSU) zu einem "Spitzentreffen" zusammen. Ihre Forderung: Die lückenlose Aufklärung rechtsextremer Gewalttaten.

Spurensicherung nach Brandanschlag auf eine Moschee in Berlin im Januar 2011. Bild: dpa

BERLIN taz | "Viele Muslime sind seit Bekanntwerden der rechtsextremistischen Mordserie verunsichert - auch was die Arbeit der Sicherheitsbehörden angeht", hat Hans-Peter Friedrich (CSU) erkannt. "Mir ist es wichtig, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen." Darum lud der Innenminister am Dienstag muslimische Verbände zum Spitzentreffen nach Berlin. "Wir nehmen die Sorgen und Nöte unserer Bürger sehr ernst", fügte Friedrich hinzu.

"Das Vertrauen in diesen Staat ist erschüttert - nicht nur bei vielen Muslimen", räumte Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime nach dem Treffen ein. Er kritisierte auch die bisherige Informationspolitik der Behörden: "Wir mussten aus der Presse erfahren, dass es Listen gibt, auf denen unsere Namen standen", sagte Mazyek. "Das war suboptimal."

Leider gab das Treffen mit dem Minister nur wenig Anlass zur Beruhigung. Wie viele potenzielle Täter laufen noch frei herum? Was ist mit dem Sprengstoff, der abhanden gekommen ist? Mit solchen Fragen sei man in das Gespräch gegangen. Doch dazu gab es nur wenig handfeste Informationen.

Die muslimischen Verbände fordern nicht nur eine lückenlose Aufklärung in diesem Fall. Sie verlangen auch, dubiose Vorkommnisse aus der Vergangenheit - ungeklärte Wohnungsbrände oder Anschläge auf Moscheen - neu aufzurollen. Dies sei ihnen zugesichert worden.

Auch dürfe die "Sicherheitspartnerschaft" mit den Muslimen, von Friedrich einst forciert, nicht einseitig auf die islamistische Gefahr konzentriert werden, sondern müsse auch den Rechtsextremismus in den Blick nehmen, so Mazyek. "Es darf keinen Extremismus erster und zweiter Klasse geben, so wie das bisher der Fall war."

An dem Spitzengespräch in Berlin nahmen neben Mazyek unter anderem Ali Ertan Toprak von der Alevitischen Gemeinde und Ditib-Vorstand Ali Dere teil, beide aus Köln. Der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, und der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, standen ihnen Rede und Antwort.

Als ersten Schritt hat das Bundeskriminalamt seit Dienstag eine neue Hotline eingerichtet. An die kann sich jetzt jeder wenden, der sich durch rechtsextremistische Gewalt bedroht oder gefährdet sieht.

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5 Kommentare

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  • J
    Jack

    "Wir nehmen die Sorgen und Nöte unserer Bürger sehr ernst", fügte Friedrich hinzu.

     

    Auch der Deutschen?

  • WN
    Wird nichts bringen

    Das Problem ist doch Kriminalität und Extremismus nicht gleich bekämpfen zu wollen. Deswegen haben doch viele keine Lust mehr sich einzubringen. Natürlich ist es höchste Zeit endlich mal richtig gegen Neonazis vorzugehen. Nägel mit Köpfen zu machen. Der Durschnittsbürger hat aber wesentlich öfter mit meist muslimischen Jugendlichen Ärger. Kaum jemand unter 30 oder eher unter 40 kennt nicht jemanden, der angegriffen, beleidigt, bedroht oder verletzt wurde. Das ist der Alltag, der medial oft nur durch den politisch korrekten Filter zu erfahren ist. Bei jeder Tat folgt sogleich ein Rattenschwanz an Erklärern und Entschuldigern, oft ein Urteil bei dem von der schweren Kindheit bis zum kulturellen Hintergrund plötzlich ein Grund für Milde auftaucht. Die türkischen Verbände, Islamverbände, linke Gruppen und inzwischen die Spitzen aller Parteien machen da mal mehr mal weniger fleißig mit. Solange sich da nichts ändert bring man die Mehrheitsbevölkerung nicht dazu sich für Muslime einzusetzen. Das heißt nicht, daß sie zu Nazis werden, sondern es bringt sie dazu zu sagen "mir hilft auch keiner". Leider haben sie damit oft recht. Der Mensch ist mehrheitlich nun mal so, daß es ihn zuerst interessiert wie es ihm selbst geht. Wenn er dann Gedenkstunden für die Einen und Relativieren bis Schönreden für sich sieht, ist der Ofen aus. Die Sarrazin-Deabatte wäre eine Chance gewesen die Mehrheitsbevölkerung mit ihren Ängsten und Erfahrungen einzubeziehen. Da ging es aber mehr um Deutungshoheit derer die schon bisher die Richtung vorgaben. Die haben sie sich auch verteidigt und als Universal-Lösung blieb die "Integration". Wie will man mit linken Gruppen Leute von der CDU/CSU für einen "Kampf gegen Rechts" gewinnen? Sie sind die Rechten. So nannten sie sich bis man medial im krieg der Worte anfing Neonazis so zu nenen, um im politisch Wettstreit bessere Karten zu haben. Gegen Neo-National-Sozialisten, Islamisten und totalitäre Neo-Sozialisten klingt schon anders. Da machen dann aber wieder weder die Linkspartei mit ihren stalinistischen Heldenverehrern noch die Islamverbände mit. Die nächste Frage könnte ja werden wie das Volk eigentlich leben will und mit wem. Mit Neonazis, Islamisten, Grauen Wölfen oder der stalinistischen Plattform wohl kaum. Mit dem türkischstämigen Kollegen oder Klassenkameraden schon. Neonazis oder Stalinisten nimmt man uns leider nirgens ab. Den Rest schon. Wer das sagt wird sofort selbst als Nazi hingestellt, weil er scheinbar am Dogma der Multikultiidee rüttelt. Dann wundert man sich wenn der Begriff "Nazi" abstumpft. Mit wem man leben will erklärt dann Wulff, der so sehr vom Volk gewollt wurde, daß man es besser auch nicht fragte. Vor kaum einer demokratisch beantworteten Frage fürchtet man sich so sehr wie vor der Grundfrage jeder WG. Ohne das Volk eine Gesellschaft aufzubauen hat man bereits versucht. Nannte sich DDR. Da wussten einige was besser ist für die Leute. Wer die Ruinen der Idee erwähnte war ein Feind des Friedes und wurde mal mehr mal weniger plattgemacht. Also ging man lieber Fähnchenschwenken. Bis sich die gelegenheit bot damit aufzuhören. So weit ist es noch nicht, aber das Volk hat eben nichts mitzureden. Die Hotline würde sonst wohl 110 lauten. Für jeden und in allen Fällen. Das zu unterstützen wären dann wohl fast alle bereit. Ich fürchte dazu wird es aber so schnell nicht kommen. Da bringt man lieber eine neue Stasi an den Start. Wenn dann in konservativen Kreisen der Eindruck entsteht man werde selbst verfolgt, kann es wirklich gefährlich werden. Ich dachte man hätte links etwas aus dem deutschen Herbst gelernt. Wenn man selsbt schikaniert und zum Kommunisten erklärt wird welcher praktisch selbst Terrorist sei nur weil man Bob-Dylan-Songs im Park spielt, lange Haare hat und neue Ideen zu gesellschaftlichen Mißständen bringt, dann erscheinen einem Baader&Co. nicht gleich als die gute Lösung. Sie zusammen mit dem Altnazi zu bekämpfen hat man aber erst recht keine Lust. So ähnlich ist es jetzt. Entweder redet man Klartext und gewinnt die Leute für eine neue gemeinsame Sache oder es wird schlimmer.

  • MC
    Mohammed Christus

    In einem scheinen sich Christen und Moslems ja einig zu sein: Gefahr für Atheisten besteht nicht. Die gibt's nämlich gar nicht.

  • LL
    lücken lose Verbän de

    Gibt es eine Liste der ungeklärten Verbrechen irgendwo ? Um zu sehen wie schnell die Arbeit vonstatten geht ?

     

    Hat die taz ein anonymes Meldesystem aufgebaut wo man Alimente-Flüchtlings-Politiker, die 38 kg, "verlorene" Nazis, geheime Hochzeiten oder sonstige Informationen angstfrei melden kann ? Oder soll er als Aussteiger Videos bei Youtube hochladen weil die Presse keine anonyme Meldemöglichkeit anbietet ? Oder soll er überwachte Telefonzellen benutzen und seine Stimme einen Tag später im TV und Radio hören und dank Voiceprint-Search nie wieder telefonieren zu können ?

    Die geringe Gruppenkohäsion des Bösen lese ich hier ständig über syrische Killertruppen. Dem ein anonymes Ventil entgegenzusetzen will wohl keiner. Für die Presse ist es vielleicht ja rentabler wenn die 38kg und andere gestohlene "schwere" Waffen (z.b. Gewehre der schweizer Armee,...) und Kunstwerke oder Nazis oder Alimente-Flüchtlinge nicht wieder auftauchen.

    Die Linke sollte auch mal aufwachen. Alle neuen Gesetze und Maßnahmen werden zielgerichtet gegen böse Subjekte eingesetzt. Aus der Statistik sollte jedem Linken klar sein, das das Verhältnis (wie bei 99%:1%) in etwa 90% Linke vs. 10% Nazis sein dürften welche die neuen Gesetze und Maßnahmen für ihre Bosheit "zu Schmecken" bekommen. Castor-Gegner zählen als Links und so eine Pyramide kann man sich nicht nochmal bieten lassen.

    Weil Nazis die Piraten oder Kindergärten unterwandern wollten, sollte klarmachen, wieso der Contentschutz alle Piraten-Telefone und Kindergärten überwachen sollte. Lieder in den Hintergrundgeräuschen werden gleich an die GEMA gemeldet. Früher hätte man sowas Sarkasmus genannt. Heute sind wir schlauer und weitsichtiger.

    Vielleicht ist die Linke ja dann doch an anonymen Meldesystemen mehr interessiert als am wegschauen bis zum gewählt werden und Pöstchen verteilen wie es bisher den Anschein erweckte.

    Grüne oder Schwule oder Flüchtlings-Verbände, "Illegalen"(Einwanderer)-Hilfsorganisationen, Frauen(Alimente-Flüchtlinge, Gewalttäter auf der Flucht) oder Börsen-Analysten oder Exil-Deutsche könnten sowas genau so gut offen und transparent aufsetzen. Die IT-Projekte vom Staat dauern mir zu lang und sind mir zu teuer und laufen oft nur mit Javascript+ActiveX und Internet-Explorer6 und nicht ohne Cookies (also eher nicht anonym) und so kompliziert, das man lieber 60-seitige Formulare ausfüllt oder lieber Rentnern am Eisenbahn-Ticket-Automaten hilft.

    Eigentlich müssten alle Korruptions-Meldestellen und ISO9000-Meldesysteme von DAX-Unternehmen bewiesen anonym betrieben werden.

  • W
    Webmarxist

    Wir dürfen die Augen vor keinem Extremismus verschließen, weder vor linken noch vor islamischen und schon gar nicht vor rechten Extremismus.

     

    Faschismus ist keine Meinung, sondern, ein Verbrechen.