Rechter Rand: SPD bläst Dirigenten den Marsch

Der ehemalige Chefdirigent der Komischen Oper soll sich unter Rechtsextremisten tummeln. Die SPD fordert, ihm deswegen das Bundesverdienstkreuz abzuerkennen

Eigentlich hat der Bundesverdienstkreuz den Zweck, Bundesbürger zu ehren, die sich besonders verdient gemacht haben - politisch, wirtschaftlich, kulturell, geistig oder ehrenamtlich. Doch nun droht dem Orden selbst ein Imageverlust. Bei einem der Ordensträger könnte es sich um einen Unterstützer der rechtsextremistischen Szene handeln.

Es handelt sich um Rolf Reuter, dem ehemaligen Chefdirigenten der Komischen Oper. Ihm wurde für sein musikalisches Wirken im Jahr 2000 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Wie das Antifaschistische Presserarchiv (Apabiz) berichtet, war der heute 81-Jährige bereits seit Mitte der 90er-Jahre immer wieder in extrem rechten Zusammenhängen aufgetaucht. Zunächst habe er sich für Leugner des Holocaust eingesetzt und sich solidarisch unter anderem mit dem Verleger Wigbert Grabert erklärt, der wegen des Vertriebs des Auschwitz leugnenden Buches "Grundlagen zur Zeitgeschichte" zu einer Geldstrafe verurteilt worden war.

Seit 2001 soll Reuter sich regelmäßig an Veranstaltungen der "Deutschen Kulturgemeinschaft" (DKG) beteiligt haben. Die DKG ist nach Angaben des Apabiz "eine der wichtigsten Kaderorganisationen innerhalb des deutschen Neofaschismus". Gemeinsam mit dem personell überlappenden "Freundeskreis Ulrich von Hutten" würde die vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation junge Kader zu strammen Rechtsextremisten heran ziehen.

Tom Schreiber, SPD-Abgeordneter im Abgeordnetenhaus, ist dem Hinweis des Apabiz nachgegangen und mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen. "Was Reuter denkt, ist trotz seines hohen Alters nicht hinzunehmen", sagt Schreiber. Er fordert, dem Ehrenmitglied der Komischen Oper das Bundesverdienstkreuz abzuerkennen und zugleich die Vergabe- und Aberkennungskriterien des Bundesverdienstkreuzes generell zu überdenken. Beides sei häufig nicht transparent.

Auch die Chefin der Senatskanzlei, Barbara Kisseler (SPD), hat sich der Sache angetan. Sie hat das für die Vergabe der Verdienstkreuze zuständige Bundespräsidialamt gebeten, den Sachverhalt zu überprüfen. Und: "Wir haben Herrn Reuter aufgefordert, bis Ende August Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen", sagt Kisseler. Reuter selbst war gestern für eine Stellungnahme nicht zu bekommen.

Wer ihn für das Verdienstkreuz nominiert hat, konnte die Senatsverwaltung gestern nicht mitteilen. Theoretisch könne dies jeder Bundesbürger tun. Das Land habe die Aufgabe, zu prüfen, ob der oder die Vorgeschlagene den Orden verdient.

Reuter wurde 1926 in Leipzig geboren und leitete ab 1966 an der Hochschule für Musik "Felix Mendelssohn Bartholdy" die Fachrichtung Dirigieren. 1976 wurde er zum Professor ernannt. 1981 trat er das Amt des Chefdirigenten und Generalmusikdirektors der Komischen Oper Berlin an. Hier wirkte er bis 1993. Seitdem ist er Ehrenmitglied. Reuter ist auch Honorarprofessor der Hochschule für Musik "Hanns Eisler".

Auch die Komische Oper will nun reagieren. Nach Angaben des Apabiz soll geprüft werden, ob die Ehrenmitgliedschaft von Reuter weiter Bestand haben wird. Zu einem Ergebnis wird sie aber bis Ende August wohl nicht kommen. Die Komische Oper befindet sich derzeit in der Sommerpause.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.