Rechte gehen in Potsdam unter: Ein kleines Häufchen DVU
Reinfall für die rechte DVU in Potsdam: Zu ihrer zentralen Abschlusskundgebung für die Kommunalwahl in Brandenburg finden sich nur 50 Anhänger. Der Protest bleibt friedlich.
Es sollte die zentrale Wahlkampfveranstaltung der DVU vor der Kommunalwahl am 28. September in Brandenburg werden. Die rechte Partei wollte deshalb am Sonnabend in Potsdam ein Zeichen der Stärke setzen und kündigte mehr als 300 Teilnehmer aus dem Bundesgebiet an. Die Landeshauptstadt war also auserkoren, Großes zu erleben.
Und groß war einiges: 600 Polizisten aus drei Bundesländern sicherten die weiträumige Absperrung des Luisenplatzes für die DVU. Mehrere hundert Antifa-Anhänger und Autonome organisierten eine Gegendemonstration und auch ein Demokratiefest in Sichtweite der Rechten. Zu diesem kamen nach Angaben der Organisatoren mehr als tausend Menschen. Klein hingegen blieb an diesem Tag nur eines - die DVU. Und das, obwohl sie in Brandenburg 250 Mitglieder hat und mit 117 Kandidaten ins Rennen um die kommunale Macht geht. Damit die Rechten fast flächendeckend antreten können und sich nicht gegenseitig das Wählerpotenzial abschöpfen, haben DVU und NPD darüber hinaus das Land Brandenburg unter sich aufgeteilt. Zur Kundgebung in Potsdam war vom Wählerpotenzial trotzdem nicht viel zu sehen:
11.30 Uhr. Kurz vor Veranstaltungsbeginn stehen sieben DVU-Anhänger etwas unschlüssig auf dem leeren Platz umher. Keine Bühne, keine Plakate, nur laute Musik von der Gegenveranstaltung. Plötzlich biegt ein schwarzer Miet-Lkw auf den Platz ein. Im Führerhaus: Neonazi-Aktivist Christian Worch. Schnell wird die Plane hochgeklappt, Megafone werden am Gestänge festgeklebt, Plakate aufgestellt und das provisorische Rednerpult mit einer Deutschlandfahne eingewickelt.
12.15 Uhr. Inzwischen haben sich 50 rechte Parteifreunde eingefunden. Unter ihnen die sechsköpfige DVU-Fraktion des Brandenburger Landtags, Hans-Gerd Wiechman von der niedersächsischen DVU und Günther Schwemmer, einziger DVU-Stadtabgeordneter im Potsdamer Rathaus - ausgestattet mit einem zweiten Parteibuch der NPD.
Während auf dem Demokratiefest ein Straßenfußballturnier angepfiffen wird, eröffnet Organisator Matthias Faust von der Bundes-DVU die Wahlveranstaltung. Die rechten Redner wettern jetzt gegen das verlorene Projekt "Multikulti in Neukölln und Kreuzberg", gegen die etablierte Katastrophenpolitik und den Asylbetrug. Wenige Meter nebenan spielt eine Klezmerband auf der Stadtbühne.
13.30 Uhr. Jetzt ist Günther Schwemmer an der Reihe. Da er mit einer beachtlichen Körperfülle ausgestattet ist, wird für ihn die Ladebühne abgesenkt, befördert ihn nach oben auf die Ladefläche. Mit schneidigem Ton liest er sein Wahlprogramm ab: Nur noch Sachleistungen für Asylbewerber, Wiederaufbau der Soldatenkirche in Potsdam, 30 Suppenküchen für die Stadt.
Plötzlich springen zwei junge Frauen, mit einer Wasserflasche bewaffnet, über die Absperrung und schütten das Nass über Flyer, Nationalzeitung und Plakate. Der Ordnungsdienst stürzt sich auf sie. Die Verwirrung nutzen zwei weitere Aktivisten und zerstören den kleinen Dieselgenerator hinter dem Lkw, der Strom für die Lautsprecher liefert. Logistiker Worch hat jetzt ein Problem. Eine halbe Stunde lang versucht er erfolglos die Maschine zu reparieren. Die Gegendemonstranten singen derweilen lautstark "Zieht den Nazis die Stecker raus".
Dann bricht die DVU ihre Veranstaltung ab. Kandidat Schwemmer steht die ganze Zeit stoisch auf der Ladefläche vor dem Rednerpult. In der Aufregung haben seine Kameraden vergessen, ihn mit der Ladebühne wieder nach unten zu fahren.
Faust ruft den rechten Anhängern noch zu, dass es "zwei positive Stunden" gewesen seien und sie beim nächsten Mal zehnfach so viele sein werden. Schwemmer dankt den Polizisten, die sie vor den Gegendemonstranten haben schützen können. Dann düst Worch mit seinem Lkw vom Platz. Zwei Straßen weiter verabschieden ihn Autonome mit einem Steinhagel. Dann ist der Spuk vorbei, das Straßenfußballturnier gewinnt die Mannschaft des Asylbewerberheims.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!