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Rechte Wahlsiege in FlandernSeparatisten feiern ihren Erfolg

Der flämische Nationalist de Wever gewinnt die Bürgermeisterwahl in Antwerpen. Der rechtsextreme Vlaams Belang rutscht auf 10 Prozent ab.

Verschobenes Kräfteverhältnis: Nationalist Bart de Wever wird neuer Bürgermeister in Antwerpen. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Es war, als wäre er eben zum neuen belgischen Ministerpräsidenten gekürt worden. Als der flämische Nationalist Bart de Wever am Sonntagabend vor seine Anhänger trat, wollte der Applaus nicht mehr enden. Sie schwenkten flämische Fahnen – gelb mit einem schwarzen Löwen. Die Masse skandierte den Vornamen des Vorsitzenden der nationalistischen N-VA, der soeben zum neuen Bürgermeister von Antwerpen gewählt worden war.

Von hier aus wollen De Wever und seine Nationalisten ihren Siegeszug durchs ganze Land starten. Ihr Ziel ist klar: Die endgültige Spaltung Belgiens in den flämischen und den frankophonen Teil. Diesem Ziel sind sie am Sonntag ein Stückchen näher gekommen. Der Sieg in Antwerpen ist der Auftakt für die nächsten Wahlen auf nationaler Ebene, auch wenn die erst in zwei Jahren stattfinden sollen.

„Die N-VA ist die größte Partei Flanderns geworden. Wir sind nicht mehr ein Zwerg, der am Rockzipfel eines Riesen hängt. Die Flamen haben für den Wechsel gestimmt“, rief De Wever seinen jubelnden Anhängern zu. Die größte Partei Flanderns ist automatisch auch die wichtigste Partei Belgiens und damit nicht mehr zu übergehen, wenn in Zukunft Koalitionsverhandlungen auf nationaler Ebene anstehen.

Bei den letzten Kommunalwahlen in Belgien 2006 war die N-VA noch in einem Kartell mit den Christdemokraten angetreten. De Wever hatte seine Partei gerade erst gegründet und galt als Neuling in der Politik. Deshalb hatte die N-VA damals nur Krümel vom Wahlsieg des Kartells abbekommen. In den vergangenen Jahren hat die N-VA umgedacht. Sie hat in allen wichtigen Städten Flanderns eigene Regionalgruppen eingerichtet und einen intensiven Wahlkampf geführt.

Schlankheitskur für schwerfälligen Lebemann

Sogar ihr Chef selbst ist kaum wiederzuerkennen. Er hat sich einer extremen Schlankheitskur unterzogen. Aus dem schwerfälligen Lebemann ist ein dynamischer Spitzenkandidat geworden, der vermitteln will: „Ich kann anpacken. Ich habe den festen Willen, Flandern in die Unabhängigkeit zu führen.“

Die Strategie funktioniert. In Antwerpen, der wichtigsten Stadt in Flandern, hat De Wever mit knapp 38 Prozent gewonnen und den Sozialisten damit eine ordentliche Ohrfeige verpasst. Die Partei des bisher regierenden Bürgermeisters kam nur auf 28,6 Prozent. 80 Jahre Herrschaft der Sozialdemokraten gehen damit zu Ende. Auch in vier anderen größeren Städten wird die nationalistische Partei den zukünftigen Bürgermeister stellen. Und in 20 von 35 Distrikten hat die N-VA die Mehrheit.

Ein Gutes hat der Sieg von De Wever allerdings: Der rechtsextreme Vlaams Belang hat stark verloren. 2006 war die Partei von Filip de Winter in Antwerpen ganz knapp hinter den Sozialisten auf dem zweiten Platz gelandet.

Diesmal rutschte sie auf knapp 10 Prozent der Stimmen ab. Damit regiert nun zwar der Nationalismus in Antwerpen, aber der ist wenigstens nicht ganz so rassistisch und ausländerfeindlich wie der Vlaams Belang. Zumindest bisher.

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7 Kommentare

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  • F
    Freiheit

    Glückwunsch an die Flamen

  • A
    angelo

    Diese "Nationalisten"sind Links so wie die "Nationalisten" in Schottland,Katalonien,Sardinien etc.

  • SD
    stoppt die Rechten!

    Ich teile nicht die Formulierung, dass die N-VA weniger rassistisch sei. Das wird sie dann schon noch anpassen.

    Es sind somit 38 + 10 % rechtsradikale Stimmen!

    Das ist so schlimm wie in Ungarn. Genau so werden in Zukunft rechtsradikale Mehrheiten fabriziert. Oben werden die Halunken schön lächeln, und unten wird ihre Polizei Jagd auf Roma und MigrantInnen machen.

     

    Klar, dass sich eine Isomatte freut und verkappte Abspaltungsrhetorik hier platziert wird.

     

    Euro-Austritt, Abspaltung, Landesgrenzen, Zäune, das sind alles Illusionen, das ist ein Versteckspiel der Chauvinisten und Besitzenden, mit dem nur neue Ausschlüsse etabliert und legitimiert werden sollen.

     

    Belgiens Spaltung ist rückwärtsgewandt!

    Nein mein Vorgarten gehört mir.

  • R
    r.kant

    @Wd. Beobachter

     

    Natürlich sind mehrere Kleinstaaten schlecht, aber man kann halt nicht verschiedene Gruppen gleichmachen. Das hat weder in Jugoslavien geklappt, noch klatt das wirklich in Spanien. Dort wollen sich ja auch Katalonien von Spanien befreien. Aus dem gleichen Grund wie in Belgien, man will nicht mehr für die armen Teile zahlen. Ich kann es verstehen.

  • WB
    Wd. Beobachter

    Wenn das mit der Spaltung Belgiens tatsächlich stattfinden sollte, dann muss Flandern eben raus aus der EU. Die Zerschlagung von Mitgliedsländern durch solche Kleinststaaten-Kleingeisterei steht dem Gedanken des Zusammenwachsens von Europa diametral entgegen. Natürlich erleichtert es die europäische Integration, wenn sich solche nationalistischen Gruppen mit ihrem begrenzten Horizont freiwillig absondern.

  • S
    sieglinde

    Wie in der Ehe, so in der Politik.

    Anstatt sich in einer Beziehung zu emanzipieren

    und die Machtverhältnisse neu aufzuteilen,

    will man sich lieber abspalten.

    Nur als Alleinstehende® hat man auch irgendwann

    einen Tiefpunkt und dann ist irgendwann niemand

    mehr da, der einen rausholt und die

    Ressourcen, Sympathien, Koalitionen nehmen ab.

    Und wenn nicht dann sinkt zumindest die

    Verhandlungspostion langfristig

    bei einem Auseinanderbrechen der Eurozone.

     

    Die heutige europäische Emanzipations-

    und Revolutionierungselite scheitert an allen

    Fronten. Diese Spaltung ist wieder eher ein

    Beweis für ein Scheitern!

     

    Das müssen viele im Privaten erfahren und

    werden irgendwann auch die Flamen erfahren.

     

    Es ist sehr frustrierend, wenn die Wallonen,

    Flanderer

    und der eventuell zu entkoppelte Brüsseler

    Politkosmos ihre nationale Einigkeit

    verspielen, um die scheindemokratischen

    Platzhirsche der Heimatregionen freies

    Schussfeld bieten zu lassen über neue

    weit weniger demokratische Verfassungen.

    Das ist extrem gefährlich für die Demokratie

    in Europa und begünstigt eine Rückentwicklung

    der juristischen Werte Europas!!!!!

    Die heutigen Aufsteiger sind keine Humanisten!!!!

     

    Separatisten sind zu feige in die Höhle des

    Löwen nach Brüssel zu gehen und

    sich gegen inkompetente Politiker anderer

    Fraktionen durchzusetzen.

    Man sollte eine gewisse Flämische und

    wallonische gegenseitige kulturelle

    Neuumsiedlung finanziell fördern, um eine

    stärkere Vermischung zu erziehlen.

     

    Ich verabscheue die europäische Kleinstaaterei

    und das EU-Monstrumgebilde! Das Mittelding

    vor der Euroeinführung war am vernünftigsten.

    Warum schweigen die Vernünftigen immer, wenn

    es darauf ankommt?

  • I
    isomatte

    Glückwunsch zu diesem großartigen Wahlsieg! Die Bürger lassen sich zum Glück nicht mehr alles gefallen!