Rebellen in Goma: Kongos Regierungsarmee kapituliert

In Ostkongos wichtigster Stadt Goma haben die Rebellen von General Nkunda die Regierungstruppen dazu gebracht, ihre Waffen niederzulegen. Zehntausende Menschen sind auf der Flucht.

Die Flucht Zehntausender geht weiter - denn das Vertrauen in die Rebellen ist gering. Bild: ap

Die Menschen in Goma staunen. Am Mittwochnachmittag hat Kongos Regierungsarmee in der wichtigsten Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo die Waffen gestreckt. "Sie sind dabei, die Stadt zu räumen, und das sogar ziemlich diszipliniert", wundert sich ein Augenzeuge. Er hat einen Militär gefragt, was das soll, und zur Antwort bekommen: "Das ist ein politischer Krieg, und die Politik besteht darin, dass wir kein Geld haben und nichts zu essen. Und da sollen wir kämpfen?"

Erst am Wochenende hatten die Kämpfer der von Tutsi-General Laurent Nkunda geführten Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung der Demokratie) mit ihrer neuen Offensive in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu begonnen. Schon am Dienstag räumte die Regierungsarmee kampflos und plündernd die Distrikthauptstadt Rutshuru 80 Kilometer nördlich von Goma. Jetzt, unter der Rebellenherrschaft, sei in Rutshuru alles ruhig, erzählt der dort residierende traditionelle König der kongolesischen Hutu, Mwami Paul Ndeze, der aus Goma heraus Telefonkontakt mit seinem Hof hält. "Die ,Anderen' spazieren in der Stadt herum", berichtet er über die CNDP-Kämpfer. "Wir warten, dass sie uns sagen, was sie vorhaben." Die Hutu von Rutshuru trauen den Tutsi der CNDP nur wenig - aber einzelne geflohene Stadtbewohner wagen sich jetzt zurück.

Der König von Rutshuru hofft, dass Kongos Regierung jetzt Verhandlungen zustimmt: "Wenn es keine militärische Lösung gibt, lautet die Alternative Dialog." Die internationale Gemeinschaft müsse das durchsetzen: "Die Regierung akzeptiert alles, was die internationale Gemeinschaft fordert."

Die internationale Gemeinschaft fordert allerdings derzeit überhaupt nichts, sondern scheint wie gelähmt. Auf einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York am Dienstagabend verhallte ein Appell der UN-Blauhelmabteilung, ihre Kongo-Mission Monuc - mit 17.000 Soldaten bereits die größte der Welt - weiter aufzustocken, ungehört. Monuc-Chef Alan Doss sagte, man werde den Sturz der Regierung des Kongo nicht zulassen. Von der Verteidigung der Städte Ostkongos war keine Rede mehr.

Die kampflose Räumung Gomas war bereits seit Dienstag im Gespräch. UNO und Hilfswerke evakuierten alle "nichtessentiellen" ausländischen Mitarbeiter über die nahe Grenze nach Ruanda. Zugleich flogen UN-Hubschrauber am Dienstagabend und am Mittwochvormittag Luftangriffe auf die Rebellen um Kibumba, 20 Kilometer nördlich von Goma. Aber die Regierungstruppen, so ein Augenzeuge, stellten gestern am frühen Nachmittag das Kämpfen ein und wollten Geld, bevor sie weiterschießen. Später gaben sie ganz auf.

Die Rebellen scheinen vom Zusammenbruch des Gegners überrascht. Noch vormittags hatte CNDP-Sprecher René Abandi der taz erklärt: "Wir haben noch nicht entschieden, Goma einzunehmen, aber alles ist möglich. Wenn wir Goma einnehmen, ist das humanitäre Drama innerhalb einer Woche beendet. Andererseits kann es auch ein Blutbad geben, wenn sich die Monuc (UN-Mission im Kongo) einmischt." Am besten wären jetzt sofortige Verhandlungen. "Wir können die Revolution jederzeit unterbrechen, wenn die Regierung in Kinshasa Verhandlungen in einem neutralen Land zustimmt."

Unmittelbar aber stehen die Rebellen vor der Herausforderung, das Machtvakuum im 500.000 Einwohner zählenden Goma zu füllen. Das Überleben von über einer Million Kriegsvertriebenen in Nord-Kivu hängt davon ab.

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