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Realos wollen Fraktion stärken

■ 33seitiges Positionspapier von Kleinert, Schoppe, Garbe und Knapp schlägt Aufhebung der strikten Trennung von Amt und Mandat vor / Auf der Suche nach den Ursachen der grünen Krise / Heute Fraktionssitzung

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Acht Stunden sind für die mit Spannung und Skepsis erwartete Krisen–Klausur der grünen Bundestagsfraktion heute angesetzt. Über den Verlauf der nicht–öffentlichen Generaldebatte läßt sich nur spekulieren: Nach dem Theaterdonner der vergangegen Wochen hat sich die Atmosphäre in Bonn zwar wieder beruhigt,ohne daß jedoch die inhaltlichen Differenzen geringer geworden sind. Die Fraktion der Realos legte erst gestern ein 33seitiges Papier vor, an dem seit Wochen herumgedoktert wurde und das entsprechend den Titel „Von der Mühsal grüner Reformpolitik“ trägt. Namentlich gezeichnet ist es von Hubert Kleinert, Charlotte Garbe und Waltraud Schoppe, verfaßt weitgehend von Fraktions–Mitarbeiter Udo Knapp. Die Ursachen der grünen Krise lesen sich dort so: Die Chance nach Tschernobyl wurde durch den „überzogenen Verbalradikalismus“ des Hannoveraner Partei tags vergeben; nach dem Fall der Hessen–Koalition war die Balance zwischen „praktischer Vernunft grüner Reformpolitik“ und „fundamentalistischem Wortgeklingel“ aus den Fugen geraten. Weniger Polarisierung Um die Polarisierung zwischen Partei– und Fraktionsvorstand zu reduzieren, wollen die Realos das grüne Essential der Trennung von Amt und Mandat aufheben: zwei Fraktionsmitglieder sollen zusätzlich im Bundesvorstand sitzen, im Bundeshauptaussschuß sollen gleich vier oder fünf Plätze für die Fraktion reserviert werden. „Kreative Diskussionsansätze“ soll eine neuzuschaffende „Grundsatzabteilung“ der Fraktion liefern: Mitarbeiter, die sich ausschließlich mit Ideen–Produktion befassen und den Kontakt zum „intellektuellen Umfeld“ pflegen sollen. Möglicherweise abstimmen lassen wollen die Realos über einige politische Essentials. Zum staatlichen Gewaltmonopol heißt, die Grünen müßten bei der Formulierung eines „Verfassungssystems“ mitwirken, das eine „tendenzielle Rücknahme staatlicher Gewaltapparate“ ermögliche. Bei Aktionen hätten die Grünen derweil die Aufgabe, die Gewaltlosigkeit durchzusetzen. Gewaltlosigkeit durchsetzen Die repräsentiative Demokratie wollen die Realos nicht abschaffen, denn „auch das Bedürfnis der Menschen, mal einfach Ruhe haben zu wollen, ist legitim“. Dezentralisierung stellen sich die Realos so vor, daß „in Bassum“ zwar nicht über die Außenpolitik entschieden werden muß, wohl aber über die Breite von Straßen. Diese „Betroffenheit“ sei „konstitutive Bedingung von Demokratie“. Zum Thema Blockfreiheit geben sich die Realos konsequent zweiseitig:“Wer die Militärdoktrin der NATO kritisiert, darf zu den Waffenarsenalen des Ostens nicht schweigen - und umgekehrt.“ Von „Weltbildern“, die in „radikale Systemopposition einmünden“, wollen die Verfasser des Papiers nichts wissen. Änderung des Wahlgesetztes Ein Katalog von Schwerpunkten soll die Fraktion 1988 aus der Stagnation führen. Dazu gehört die Änderung der Wahlgesetze und des Parteiengesetzes, ein Projekt „Stadt und Land“ und ein Vorstoß zum Thema Umverteilung von Arbeit/Existenzsicherung. Parlamentarische Vorlagen sollen dazu erarbeitet werden, die der Geschäftsführer dann „je nach politischem Bedarf ziehen“ kann.

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