: Realer Phantasmus
Ein neuer Hamburger Verlag befriedigt nie gehabte Bedürfnisse ■ Von Aleksander Diehl und Tom Soyer
„Hier bin Wir“ sagte sie, wenn er sich am Telefon meldete. „Hier bin Wir“ sagte er, wenn sie sich am Telefon meldete. Sie empfanden sich als in inniger Einheit verbunden oder glaubten so zu empfinden. Daher riefen sie sich auch mit dem gleichen Namen. Sie nannte ihn einfach „Liebling“ und er sie auch.
So beginnt Die Nymphe im Schatten des Regenbogens, eines von drei Büchern, die der Hamburger Verlag asu poleng in der literarischen Reihe edizione ondina veröffentlicht hat. Hatte sich asu poleng zuvor „die Aufgabe gestellt Bücher herauszubringen, die indonesische, indische und griechische Kultur und Mentalität wirklich ernst nimmt“ (sic), verschreibt man sich jetzt dem „Phantastischen Realismus“. Dessen – bislang alleiniger – „hervorragender Vertreter“ heißt Palomo Paloma und ist der einzige Autor der Reihe. Seine anderen Werke tragen übrigens die Titel Der Schatz-Engel mit den Pfauenflügeln und Die Hexe in der Papierwelt.
Paloma schreibt „zwischen dem, was geträumt wird, und dem was geschieht“: Seine (oder ihre?) Romane verknüpfen, so der Verlag, „Psychologie, Intuition und die Welt außerhalb der Wirklichkeit“. Mögen andere gewöhnliche Literatur produzieren, hier wird daraus „glitzerndes literarisches Gewebe“: „So war er gegangen, hatte ihr aber noch ein Blatt mit einem Gedicht auf den Tisch gelegt, dass sich in der schlaflosen Nacht zuvor zwischen seine Gedanken gedrängt hatte. An die, die die Delle ausfüllte – Mein Leben war rund,/ doch jetzt hat's 'ne Delle/ genau an der Stelle,/ wo Du nicht mehr bist“. Dass die Zielgruppe für solche Literatur zwischen den Welten begrenzt ist, weiß auch Verleger Günter Spitzing: „So könnte ich mir vorstellen, dass Palomo keinen Massenansturm von Fans in Gang bringt (...) das ist auch gar nicht unsere Absicht.“ Seine Nische sieht Spitzing zwischen zeitraubend anspruchsvoller und gar zu trivial unterhaltender Literatur. Stärke der edizione ondina sei die Kombination „süffige Lesbarkeit – reichlich Stoff zum Nachdenken“.
Gelegenheiten, bei denen genau diese Mischung willkommen sein dürfte, sind ungezählt: an einem Sonnentag an der Alster, während die vergangene Nacht unter dem Sternenzelt nachklingt, auf Reisen oder auch im Bett. Und weil Palomas Bücher dabei nicht zu umfangreich sind, bleibt vielleicht auch die Zeit, der drängendsten Frage nachzugehen. Denn, so merkt der Verlag mit einigem Stolz an, hinter Palomo Paloma soll sich „eine bekannte Hamburger Persönlichkeit verbergen“. Also: Welche wahlkampfmüde LokalpolitikerIn schreibt unter der glitzernden Alliteration?
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