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ReaktionenSparpläne „unseriös und unsozial“

■ Grüne und ÖTV kritisieren finanz- politische Koalitions-Vereinbarung

Die bitteren finanziellen Wahrheiten seien „vor der Wahl aus gutem Grund verschwiegen“ worden, die aktuellen Beschlüsse seien gleichermaßen „unsozial und unseriös“. Mit diesen Worten kommentiert der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg die finanzpolitischen Vereinbarungen der Koalitionsberatung vom Dienstag: „Nur wenn es zu einer bisher nicht absehbaren Steigerung der Steuereinnahmen und Senkung der Arbeitslosigkeit kommt, ist das Ziel zu erreichen.“ Wenn es nicht dazu kommt – was nach den Trends der letzten Jahre wahrscheinlich ist – dann seien die ehrgeizigen Investitionspläne nur durchzuhalten, wenn „der Weg in die Schattenhaushalte so fröhlich wie verantwortungslos weiter beschritten“ werde. Gleichzeitig führe die weitere Steigerung der Investitionen zu einer „teilweise brutalen Umverteilung zu Lasten von Personal- und Sachhaushalt“. Man könne sich „nicht vorstellen, daß die Teilnehmer der fröhlichen Verhandlungsrunde sich wirklich die Konsequenzen dieser Vorhaben vor Augen geführt haben.“

Besonderer Verlierer der Vereinbarungen, die nicht beschlossen, aber „in der Tendenz“ bestätigt wurden, seien die Bereich Jugend und Soziales. Bei der Sozialhilfe soll heftig gekürzt und gespart werden. Die Förderbeträge für Kitas, Freizeitheime, Selbsthilfegruppen und Altentagesstätten sollen nicht nur eingefroren, sondern abgesenkt werden – in fünf Jahren sollen um zehn Prozent niedrigere Summen im Haushaltsplan stehen. Schon bisher sei da aber „bis zur Schmerzgrenze gekürzt“ worden, sagt Mützelburg.

Wenn pro Jahr Personal im Umfang von 250 Vollzeitstellen im Öffentlichen Dienst gestrichen werden sollen, dann müsse man „den Mut haben zu sagen, welche Aufgaben in Zukunft nicht mehr vom Staat wahrgenonmmnen werden sollen“. Diese Zielvorgabe sei „durch keine Kenntnis der tatsächlichen Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Dienst getrübt.“

Dies findet auch Jan Kahmann, Bezirks-Vorstand der ÖTV. Die Gewerkschaft geht dabei davon aus, daß das Personalvertretungsgesetz, das in der Vereinbarung bisher nicht thematisiert wird, auch in der kommenden Legislaturperiode tabu ist und „nicht verändert wird“, soweit Änderungen nicht durch Bundesgesetze zwingend sind. Die heftig umstrittene Gebäudereinigung sollte nicht privatisiert, sondern in einem Eigenbetrieb neu organisiert werden, fordert die ÖTV.

Gleichzeitg räumt die ÖTV ein, daß der bremische Öffentliche Dienst ein „erhebliches Modernisierungsdefizit“ habe. Die Verwaltungsreform, für die der nach Wiesbaden gegangene SKP-Staatsrat Johannes Beermann (CDU) und sein Senator Hartmut Perschau verantwortlich waren, sei nur „halbherzig“ angegangen worden.

Bei der BSAG wollen die Koalitionäre dreistellige Millionen-Zuschüsse sparen, die ÖTV fordert dagegen den Senat auf, die Arbeitsplätze und das Leis-tungsangebot „mindestens zu sichern“.

Mit Blick auf die Bundespolitik – und die zwischen CDU und SPD umstrittene Bundesratsklausel – „erwartet die Bremer ÖTV vom Bremer Senat, daß er die Bundesregierung bestärkt, die gefaßte Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse aufrechtzuerhalten,“ teilte Kahmann mit. K.W

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