piwik no script img

Reaktionen auf den RauswurfEva Herman für Hamburg?

Der Wirbel um Eva Herman nimmt kein Ende: Während ihr Verleger von einem "Supergau" spricht, wünscht sich eine rechte Splitterpartei ihre Kandidatur für die Hamburger Bürgerschaft.

Beifall von der rechten Seite. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp/ap/taz Offenbar versuchen diverse rechte Gruppierungen, von dem Wirbel um Eva Hermans Talkshow-Auftritt zu profitieren. Die Hamburger Zentrumspartei hat Eva Herman eine Kandidatur bei der Landtagswahl im Februar angeboten. "Wenn Frau Herman für uns in die Hamburgische Bürgerschaft einziehen würde", sagte der Landeschef Dirk Nockemann in der Welt, "müssten die Leute ihr zuhören".

Nockemann ist ein ehemaliger Parteigänger des Rechtspopulisten Ronald Schill und früherer Innensenator der Hansestadt. "Ich würde mich außerordentlich freuen, mit Frau Herman zusammenzuarbeiten", sagte Nockemann. Sie spreche vielen Bürgern aus dem Herzen. Eine Sprecherin Hermans wollte sich im Gespräch mit der Zeitung nicht zu dem Angebot äußern. In Hamburg wird am 24. Februar ein neues Landesparlament gewählt.

Die rechtsextreme DVU hatte für das Wochenende eine Demonstration unter dem Motto "Meinungsfreiheit für Eva Herman" vor dem Hamburger Rathaus geplant. Herman hatte sich nach Presseberichten bereits juristisch gegen eine Vereinnahmung durch die DVU gewehrt. Nun wollten auch die Hamburger Bürgerschaftsfraktionen der DVU einen Riegel vorschieben.

Deshalb haben die drei in der Hamburger Bürgerschaft vertretenen Fraktionen von CDU, SPD und den Hamburger Grünen (GAL) sich am Samstagmittag zu einer gemeinsamen Fraktionssitzung zum Thema Rechtsextremismus verabredet. Dadurch gilt für den ursprünglich geplanten Kundgebungsort vor dem Rathaus ein "Bannkreis" - eine Demonstration ist nicht mehr möglich. Einen Antrag der DVU auf einstweilige Anordnung einer Ausnahmegenehmigung lehnte das Verwaltungsgericht bereits ab.

Eva Hermans Verleger Christian Strasser vom Münchner Pendo-Verlag nannte den Auftritt der Ex-Moderatorin bei Kerner einen "Super-Gau". "Ich bin tief bestürzt über diesen Auftritt", sagte der der Abendzeitung in München. "Das Ganze ist die größte Katastrophe, die ich in meinen 40 Jahren als Verleger erlebt habe." Der Pendo-Verlag hat Hermans Bücher "Das Eva-Prinzip" und "Das Prinzip Arche Noah" verlegt.

Auch der Zentralrat der Juden meldete sich zu Wort und forderte die Rückkehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung über Familienwerte. Es gehe nicht darum, über Herman eine, wie sie behauptet habe, braune Keule zu schwingen, sondern darum, krude Vergleiche mit einer angeblich erfolgreichen Familienpolitik des NS-Regimes aus der Diskussion herauszuhalten, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, der Netzeitung.

Unterdessen sagte die Stadt Schleswig eine Lesung mit der Ex-Moderatorin ab."Die Veranstaltung wird nicht stattfinden", sagte Stadtsprecherin Antje Wendt am Donnerstag. Grund sei Hermans Fernsehauftritt: "Dem wollten wir nicht noch ein Forum bieten. Die negative Presse wäre auf uns als Veranstalter zurückgefallen", sagte Wendt. Die Lesung aus ihrem neuen Buch mit anschließender Diskussion war für den 23. November geplant.

Der Geschichtsprofessor Wolfgang Wippermann, der als Experte in der Sendung zu Gast war, kritisiert die "Verschwörungstheorien" Hermans als unglaubwürdig. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte er, in jedem Fall habe Herman die NS-Familienpolitik in einem positiven Zusammenhang dargestellt. Ihren Büchern bescheinigte er "enervierende Dummheit". Gleichwohl habe er die Ex-Moderatorin "erheblich geschickter" erlebt, als er gedacht hätte: "Das zieht schon, wenn sie an Gefühle und Instinkte appelliert, von Mutter und Kind spricht."

Eine Sprecherin des Arbeitsgerichts Hamburg bestätigte unterdessen den Eingang einer Klage Hermans gegen den NDR. Der Sender hatte sich nach den umstrittenen Äußerungen der früheren Tagesschau-Sprecherin zur Familienpolitik der Nazis vor einem Monat von der 48-Jährigen getrennt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • PN
    Peter Neuhaus

    Mein Tipp für Herman: Schweigen und lesen - vielleicht Saul Friedländer, der den diesjährigen Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekommt und der einiges zu sagen hat über das zweifelhafte Glück, in Nazideutschland gelebt zu haben...

  • L
    L. Überreuter

    Nicht Herman, sondern Kerner und sein Sender verdienen den Platz am Pranger. Das zu Beginn der Sendung eingeblendete Zitat von Herman ist bewusst entstellend zurechtgeschnitten worden.

    Die ganze Geschichte mit dem angeblichen Lob Hermans für den Nationalsozialismus ist eine böswillige Kampagne und die Mehrzahl der Journalisten trottet mit. Diese Geschichte ist ein Alarmsignal: Wenn gewisse einflussreiche Kreise Dich diffamieren wollen, dann dann können sie das ungestört tun, und es wird niemanden geben, der Dir beisteht.

  • BU
    Barbara Uduwerella

    Die Kerner-Sendung war erbärmlich, weil sie unfair war.

    Keiner der Gäste kannte das buch und wenn Kerner es wirklich aufrichtig gemeint hätte, hätte er Frau Herman vorab eine Richtigstellung anbieten können. Jetzt hat er nicht nur Werbung für das Buch gemacht, sondern sie ins journalistische AUS geschossen und ihr die "braunen Socken" aufgehalst.

    Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich würde keines ihrer Bücher anfassen, aber unter Moderation verstehe ich etwas anderes.

     

    B. Uduwerella

  • RU
    Rolf Ullrich

    Noch mal zu den Autobahnen. Haben hier nicht die Nazis Positives geleistet? Nun, die Nazis haben nur Positives geleistet, wenn es darum ging, ihre Machtposition zu festigen. Die öffentliche Meinung hat bereits festgestellt, dass die Gruppen, die nicht Ziel der Propaganda waren, nicht in den Genuss all des Positiven kamen. Die Verkehrspolitik der Nazis kann man durchaus kontrovers diskutieren. Mobilität im modernen Sinne war wohl nicht angedacht. Ich persönlich glaube nicht, dass der Bau der Autobahnen für Leute mit Freude am Fahren oder Leute wie du und ich, die ein Auto benötigen, vorangetrieben wurde.

     

    Der Volkswagen für 999 Reichsmark war für Berufskraftfahrer (oder auch Lokführer) als ausgleichende Gerechtigkeit konzipiert, damit die betreffenden Herrenfahrer nicht nur am Fahrzeug des Herrn Direktor herumschrauben durften. Letzterer brauchte keinen Führerschein zu machen und selbst zum Lenrad greifen, hatte er doch seinen Herrenfahrer.

     

    Übrigens kommt man, wenn so etwas wie eine reine Staatlichkeit andenkt, leicht in die Nähe der Ultralinken, die gerne derartiges andenkt, wenn es darum geht, die linke Spielart, den DDR-Sozialismus, zu rechtfertigen. Demzufolge konnte (ebenso wie Lenin, Stalin etc.) Adolf Hitler nicht gegen diese reine Staatlichkeit anregieren.

  • A
    Austroman

    Für mich ist die einseitige Hetze bei J. B. Kerner gegen Eva Hermann unerträglich. Nicht Frau Hermann hätte die Sendung verlassen müssen, sondern der selbstgefällige und unfähige Moderator J. B. Kerner - der agierte etwa so fair wie ein Inquisator aus dem Mittelalter. Genauso unerträglich finde ich die nachfolgende Hetze gegen Eva Hermann der TAZ. Zur Zeit beziehe ich ein Probeabo der TAZ. Die Vorgänge rund um Eva Hermann haben mich davon überzeugt, lieber kein Abonnemnet der TAZ zu werden. Das bestehende Abo des Stern habe ich übrigens auch aus demselben Grund heute gekündigt. Nicht nur Politiker und Manager, auch die Journalie scheint den Kontakt zur Basis verloren zu haben. Von mir gibts dafür die rote Karte des Abo-Entzugs!