Reaktionen auf den Banken-Stresstest: Anleger vertrauen klammen Banken
Nach der Veröffentlichung des Bankenstresstests steigen die Kurse der Kreditinstitute. Sechs deutsche Banken fallen durch, aber Anleger hatten Schlimmeres erwartet.
BERLIN taz/rtr | Die Anleger sind erleichtert: Bankaktien legten am Freitag deutlich zu. Denn die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hatte am Donnerstagabend endlich ihren lang erwarteten Stresstest veröffentlicht – und damit die Anleger beruhigt. Denn die Investoren hatten vorab gefürchtet, dass in den Bankbilanzen noch mehr Eigenkapital fehlen könnte.
Konkret: Sechs deutsche Kreditinstitute benötigen mehr Eigenkapital - insgesamt 13,1 Milliarden Euro. Vorn liegt die Commerzbank, die 5,3 Milliarden Euro auftreiben muss. Dahinter kommt die Deutsche Bank mit einem Loch von 3,24 Milliarden. Die NordLB benötigt knapp 2,5 Milliarden, die Helaba 1,5 Milliarden, die DZ Bank 353 Millionen und die WestLB 224 Millionen.
Bis zum 30. Juni 2012 haben die Banken Zeit, ihr Eigenkapital aufzustocken. Schon bis zum 20. Januar müssen sie der EBA melden, wie sie die Vorgaben erfüllen wollen. Vor allem bei der Commerzbank ist fraglich, ob sie den Kapitalbedarf aus eigenen Mitteln stemmen kann. Daher hat die Bundesregierung bereits angekündigt, dass sie den Bankenrettungsfonds Soffin vorsorglich wieder öffnet. Allerdings betont die Commerzbank bisher ständig, dass sie "ohne Staatshilfe auskommen" wolle.
Kein Problem haben hingegen die Helaba und die NordLB: Sie verfügen bereits weitgehend über das geforderte Eigenkapital. Es wurde von der EBA nur nicht anerkannt, weil als Stichtag der 30. September angesetzt wurde. Die Kapitalerhöhungen der beiden Banken fanden später statt.
Insgesamt hat die EBA 65 europäische Banken überprüft, die gemeinsam auf einen Kapitalbedarf von 114,7 Milliarden Euro kommen. Davon benötigen allein die Banken Griechenlands schon 30 Milliarden.
Die Löcher beim Eigenkapital sind entstanden, weil die EBA strengere Regeln anwendet hat: Die Banken müssen jetzt 9 Prozent hartes Kernkapital vorhalten. Übersetzt: Aktien und Gewinnrücklagen müssen 9 Prozent der risikogewichteten Investitionen einer Bank abdecken. Diese Vorgabe war auch deswegen schwer einzuhalten, weil die Staatsanleihen zu ihrem aktuellen Marktwert zu verbuchen waren – was vor allem bei den südeuropäischen Papieren zu Verlusten führte, die das Eigenkapital der Banken schmälerten.
EZB flutet die Banken mit Geld
Allerdings haben viele Banken nicht nur Probleme beim Eigenkapital, das als Verlustpuffer dient. Schwierig sieht es oft auch beim Fremdkapital aus – also bei Kundeneinlagen und Krediten von anderen Banken und Großanlegern. Deswegen wurde am Donnerstag auch die Europäische Zentralbank (EZB) aktiv – und flutete die Banken mit Geld.
Hintergrund: Die Banken vertrauen einander nicht mehr, sondern fürchten, dass ihre Geschäftspartner in den Strudel der Eurokrise gezogen werden. Also ist der Interbankenmarkt zusammengebrochen. Statt sich gegenseitig Kredite zu gewähren, hinterlegen die Banken ihre Gelder lieber bei der EZB. Diese Sicherheitsphobie der Banken ist gefährlich für die Realwirschaft: Das Geld wird knapp, und es droht eine "Kreditklemme". Privatkunden und Firmen erhalten nur noch mit Mühe neue Darlehen, was wiederum das Wachstum abwürgt.
Also sieht sich die EZB immer wieder gezwungen, das bei ihr geparkte Geld in den Markt zurückzuschleusen. Am Donnerstag kündigte sie an, dass sich die Banken für drei Jahre Geld leihen können. Bislang gewährt die EZB nur Kredite von maximal einem Jahr.
Größter Coup: Die EZB halbierte auch die Mindestreserve, die die Banken vorhalten müssen – von 2 auf 1 Prozent. Die Mindestreserve ist der Teil, den die Banken von ihren Kundeneinlagen bei der EZB parken müssen und nicht für ihr Geschäft verwenden dürfen. Durch die Mindestreserve soll verhindert werden, dass die Geldmenge unkontrolliert zunimmt. Die Commerzbank schätzt, dass die halbierte Mindestreserve etwa 100 Milliarden Euro in die Kassen der Banken spült, mit denen sie nun vermehrt Kredite vergeben können.
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