Reaktionen auf Festnahmen in Türkei: „Das erinnert an eine Diktatur“
Deutsche Politiker geben sich angesichts der neuen Festnahmen in der Türkei entsetzt. Die Bundesregierung nennt die Haft „ungerechtfertigt“.
Der Fall Steudtner zeige, dass selbst jemand, der zuvor überhaupt keine Beziehungen zur Türkei gehabt habe, willkürlich verhaftet werden könne, wenn die türkische Regierung dessen Handeln als politisch nicht opportun bewertet, sagte Annen. Der SPD-Außenpolitiker forderte die türkischen Behörden auf, Peter Steudtner umgehend wieder freizulassen. Deutschland müsse jedoch auch im Interesse der in der Türkei inhaftierten Deutschen weiterhin dialogbereit bleiben.
Auch aus anderen Parteien gab es harsche Reaktionen auf die jüngsten Verhaftungen. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Brand, sagte: „Willkürliche Verhaftungen sind keine innere Angelegenheit der Türkei.“ Als Mitglied des Europarats habe sich das Land zum Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat verpflichtet. „Das staatliche Handeln steht dazu im kompletten Gegensatz.“ FDP-Chef Christian Lindner verlangte ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei.
Die Grünen drangen angesichts der steigenden Zahl der Festnahmen auf einen härteren Kurs gegenüber der Regierung in Ankara. „Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die Türkei nach Journalisten nun auch Menschenrechtsaktivisten willkürlich festnimmt. Da stellt sich die Frage, wer als Nächstes dran ist: Wirtschaftsvertreter, Touristen?“, sagte Spitzenkandidat Cem Özdemir.
Steffen Seibert, Regierungssprecher
Auch die Bundesregierung erklärte sich am Dienstag zu den Vorgängen. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb via Twitter: „Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner, der ungerechtfertigt in türkischer Haft sitzt.“ Die Bundesregierung werde sich „auf allen Ebenen für ihn einsetzen“, schrieb Seibert weiter.
Zuvor hatte die Bundesregierung bereits mitgeteilt, dass sie die Klage des ebenfalls in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof unterstützen wird. Der frühere taz-Redakteur sitzt seit fünf Monaten in der Türkei in Haft. Er ist einer von 22 Deutschen, die seit dem Putschversuch vor einem Jahr inhaftiert worden sind. 13 von ihnen sind inzwischen wieder frei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind