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Reaktionen auf Bombenattentat in Beirut„Ein terroristischer Akt“

Die USA und der UN-Sicherheitsrat verurteilen den Anschlag vom Beirut. Hier waren am Freitagabend acht Menschen gestorben, darunter der Chef des Polizei-Geheimdienstes.

Der Tag danach: Libanesische Sicherheitskräfte am Ort des Attentats. Bild: dpa

BEIRUT afp/dpa/dapd | Der Bombenanschlag in der libanesischen Hauptstadt Beirut ist international scharf verurteilt worden. Die USA und der UN-Sicherheitsrat warnten vor einer „Destabilisierung“ des Libanon, das in den blutigen Konflikt im benachbarten Syrien hineingezogen werden könnte. Nach dem Anschlag gab es landesweit teils gewalttätige Proteste.

US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte, bei dem Attentat in dem christlichen Viertel Aschrafieh mit 8 Toten und mehr als 80 Verletzten am Freitagabend handele es sich um einen „terroristische Akt“. Dass der Chef des Polizei-Geheimdienstes, Wissam al-Hassan, unter den Toten sei, sei ein „gefährliches Zeichen, dass es Menschen gibt, die weiter versuchen, die Stabilität des Libanon zu untergraben“.

Der UN-Sicherheitsrat sprach von einer „abscheulichen Tat“. Die Bevölkerung des Libanon dürfe sich nicht darin beirren lassen, die Einheit des Landes und die Stabilität zu wahren. „Terrorismus in allen seinen Formen und Erscheinungen ist eine der ernsthaftesten Bedrohungen für den internationalen Frieden“, hieß es in der Erklärung weiter. Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton warnte vor einer Destabilisierung des Landes und forderte, die Drahtzieher des Angriffs zur Rechenschaft zu ziehen.

In der Nacht zum Samstag gingen wütende Demonstranten in Beirut auf die Straße, steckten Reifen in Brand und errichteten Straßensperren - auch im Süden des Landes sowie im nördlichen Tripoli gab es Proteste. Bei gewalttätigen Zusammenstößen wurde nach Angaben von Sicherheitskräften ein Mann getötet. „Die Regierung muss abtreten, wir fordern Ministerpräsident Nadschib Mikati zum Rücktritt auf“, erklärte am Freitagabend Ahmad Hariri, Generalsekretär der oppositionellen Bewegung Zukunft, welche die syrische Führung ablehnt.

Libanons Oppositionschef Saad Hariri sowie der einflussreiche Drusenführer Walid Dschumblatt machten offen Syriens Staatschef Baschar al-Assad für den Angriff in Beirut verantwortlich. Nur etwa 200 Meter vom Anschlagsort entfernt befindet sich die Zentrale der christlichen Partei Kataeb, die Assad feindlich gegenüber steht. Geheimdienstchef al-Hassan war ein Vertrauter von Oppositionschef Hariri.

Ermittlungen im Hariri-Mordfall

Der Polizei-Geheimdienst hatte unter anderem zu einer Mordserie in den Jahren 2005 bis 2008 ermittelt, der zumeist syrienkritische Persönlichkeiten, unter ihnen Ex-Regierungschef Rafik Hariri, zum Opfer fielen. Al-Hassan, der bei den Ermittlungen eine maßgebliche Rolle spielte, soll am Sonntagnachmittag neben dem Grab von Hariri beerdigt werden.

Das libanesische Kabinett beriet in einer Dringlichkeitssitzung über die Lage. Danach sagte Regierungschef Mikati, er werde „auf Bitten des Präsidenten“ im Amt bleiben. Der Vorfall sei von "nationalem Interesse" und keine Personalfrage.

Die libanesische Presse war sich am Samstag einig, dass der Anschlag die Lage des Landes drastisch verändert habe. Der Mord an al-Hassan, „der Speerspitze gegen das syrische Regime“, habe den Libanon „von einem Ufer zum anderen gebracht“, schrieb Al-Nahar, eine der syrienfeindlichen Opposition nahestehende Zeitung. „Der zivile Frieden ist in Gefahr“, titelte Al-Safir.

Reaktionen aus Syrien und Rom

Auch die syrische Regierung verurteilte das Attentat indessen scharf. Es sei ein „feiger terroristischer Angriff“ gewesen, sagte der syrische Informationsminister Omran al Subi. Die Hisbollah, der engste Verbündete des syrischen Regimes im Libanon, erklärte, sie sei schockiert über das „furchtbare terroristische Verbrechen“ und rief die Behörden auf, die Täter zu fassen. Alle politischen Kräfte im Libanon müssten gegen „jeden Verschwörer wider das Leben und die Sicherheit der Nation“ zusammenarbeiten.

Papst Benedikt XVI. beklagte ebenfalls die Opfer des Bombenanschlags. In einem Kondolenzschreiben sprach er den Familien und allen Libanesen sein Mitgefühl aus. Zugleich verurteilte er die Gewalt und bekräftigte sein Gebet für Frieden und Versöhnung. Das Oberhaupt der katholischen Kirche war im vergangenen Monat zu Besuch im Libanon.

Der führende sunnitische Geistliche im Libanon, Großmufti Mohammed Raschid Kabbani, sprach von einem kriminellen Angriff auf den Libanon und dessen Bevölkerung. Zugleich rief er die Menschen zur Zurückhaltung auf.

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3 Kommentare

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  • N
    Nuneaton

    Nun denn bin ich gespannt darauf wie lange es braucht bis die Demokratie-Junkies aus den USA und der EU brauchen um das Attentat in einem christlichen (!) Viertel in Damaskus aufs schärfste zu verurteilen....FORGET ABOUT IT!

  • B
    Beobachter

    Wenngleich das proisraelische Medienkartell wiederum probiert das Ganze als Verbrechen Assads darzustellen (ebenso wie die Ermordung Hariris, was man vergeblich ASssad anzuhängen versuchte, obwohl selbst der Sohn Harriris nach Süden auf die Mörder deutet), ist jedem vor Ort klar und die Wüstenspatzen pfeifen es selbst von den Säulen des verwüsteten Weltkulturerbes Palmyra, wer da wieder seine Hände im Spiel hatte, um weitere Unruhe und Verwirrung zu stiften.

     

    Derweil beschießt das Regime Erdogans unprovoziert seit mehreren Wochen syrisches Staatsgebiet und begeht dabei offensichtliche Kriegsakte nach Völkerrecht.

     

    Dabei wurden erst gestern 12 syrische Soldaten getötet, ohne dass diese zurückschießen, wenn es nicht unbedingt sein muss.

     

    Das kriegstreiberische Medienkartell des Westens entblödet sich dabei nicht, weiterhin (SPON fungiert dabei als größtes Kriegstreiberblatt neben Springerpresse und selbst der vermeintlich "linken" "taz") Assad und sein Regime als den Hauptaggressor hinzustellen, obwohl selbst bei größter Tatsachenverdrehung in der veröffentlichten Meinung des Westens durchschimmert, dass die NATO verzweifelt einen Vorwand sucht, um in den Krieg auf Seiten der Rebellen DIREKT eingreifen zu können.

     

    Orwellsche Verhältnisse in Zeiten, wo Kriegsherren (Obama) und an diversen Weltordnungskriegen beteiligte Staatenbünde (EU) selbsternannte Friedensbringer sind und dafür auch noch mit Nobelpreisen bedacht werden.

     

    Alfred Nobel würde sich im Grabe umdrehen, könnte er die Pervertierung seines Preises noch sehen....

  • M
    maoam

    Also vom Stil des Anschlages dürften es radikal-islamistische Täter gewesen sein.

     

    Warum sollte die Hisbollah Libanesen massenhaft terrorisieren?